Naturwald im Klever Reichswald

Zweiter Nationalpark: Taten die Agenturen zu wenig für ihr Geld?

Stand: 25.09.2024, 06:00 Uhr

Zwei Agenturen sollen bei der Suche nach einem zweiten Park unterstützen. Nun spricht die SPD von einem "Millionen-Grab".

Von Tobias ZacherTobias Zacher

Ein Jahr, nachdem die schwarz-grüne Landesregierung die Suche nach einem zweiten Nationalpark für NRW gestartet hat, steht sie vor einem Scherbenhaufen: Einen zweiten Nationalpark wird es aller Voraussicht nach nicht geben, dafür hat in vielen Kreistagen die CDU gesorgt. Den Plan für eine eigene Nationalparkbehörde hat das Umweltministerium von Oliver Krischer (Grüne) inzwischen kassiert.

Zusätzlich stehen nun zwei Agenturen in der Kritik, die das Land im Zuge der Standortsuche beauftragt hatte: Sie sollen wenig geleistet, aber viel Steuergeld kassiert haben, so der Vorwurf der Opposition. Das Thema steht am Mittwoch auf der Tagesordnung des Umweltausschusses im Landtag.

Agenturen sollen Kreise unterstützen

Hintergrund zur Kritik an den Agenturen ist der Modus, mit dem ein Standort für den zweiten Nationalpark gefunden werden soll: Wo das Naturreservat entsteht, will nicht das Land entscheiden - vielmehr sollen sich die betreffenden Regionen dafür selbst ins Spiel bringen.

Um vor Ort die Debatte für oder gegen einen Nationalpark zu organisieren, bot das Land den Kreisen Unterstützung an. "Die Angebote umfassen neben Beratungen zum Gesamtprozess sowie Einzelfragen vor allem Unterstützung bei der Vorbereitung, Moderation und Durchführung von Beteiligungsformaten in den Regionen", schreibt das Umweltministerium auf der entsprechenden Homepage des Landes. "Umgesetzt werden die Angebote durch eigens dafür beauftragte Agenturen (PD - Berater der öffentlichen Hand GmbH, Zebralog GmbH)", heißt es dort weiter.

SPD: "Magere Bilanz"

René Schneider

René Schneider (SPD)

Rund 742.000 Euro hat das Land nach eigenen Angaben bis Mitte des Jahres an die beiden Agenturen gezahlt. Die SPD findet, dass Kosten und Nutzen in keinem Verhältnis stehen. "Bislang haben die Agenturen eine magere Bilanz von 19 Telefonaten, knapp 1.000 Briefen und einer einfachen Homepage, um die sie sich gekümmert haben. In den vergangenen zwei Monaten haben die Agenturen nur eine einzige Anfrage bearbeitet", kritisiert René Schneider, der umweltpolitische Sprecher der Fraktion.

Er bezieht sich bei dieser Bilanz auf einen Bericht des Umweltministeriums für die Ausschusssitzung am Mittwoch sowie auf eine Antwort auf eine Kleine Anfrage, die er der Landesregierung gestellt hatte. Darin sind die Zahlen aufgeführt - aber auch weitere Leistungen der Agenturen, wie die Unterstützung beim Durchführen von sechs Veranstaltungen.

Schneider spricht von einer "Minderleistung" der Unternehmen, die Beauftragung werde zum "Millionen-Grab". Er kritisiert: "Das ist ein mehr als fahrlässiger Umgang mit den Steuern der Menschen in NRW".

FDP: "Schon im Ansatz zum Scheitern verurteilt"

Dietmar  Brockes

Dietmar Brockes (FDP)

Auch die FDP geht hart mit Schwarz-Grün ins Gericht: "Offenbar hat die Landesregierung so wenig Ahnung davon, wie sie den Findungsprozess vernünftig aufziehen soll, dass sie das Management dafür erstmal für teuer Geld wegdelegiert hat", so Dietmar Brockes, der umweltpolitische Sprecher der FDP-Fraktion. Die "hohen Kosten" seien "ein weiteres Kapitel darüber, wie man ein politisches Projekt schon im Ansatz zum Scheitern verurteilt." Er fordert ein sofortiges Ende des Findungsprozesses.

Für Lokalpolitiker offenbar nicht erreichbar

Anscheinend waren die Agenturen, die den Regionen unter die Arme greifen sollten, für diese nicht immer eine Hilfe. So schildert es Christian Schulte, der für die SPD im Stadtrat in Lichtenau im Kreis Paderborn sitzt. Am 19. Oktober 2023 schreibt er zwei Mitarbeiter von PD an, wegen einer geplanten Informationsveranstaltung zu einem möglichen Nationalpark im Eggegebirge. "Können Sie uns zu der geplanten Veranstaltung beraten oder unterstützen?" fragt er. Eine Antwort habe er nicht bekommen, so Schulte. Deshalb fasst er am 25. Oktober noch einmal per Mail nach. Auch darauf habe er nie eine Reaktion erhalten, teilt Schulte dem WDR mit. Er spricht von einem "fragwürdigen Verhalten dieser Agentur".

In seinem Bericht an den Ausschuss am Mittwoch teilt das Umweltministerium mit: "Nach Informationen der Landesregierung wurden alle 987 Anfragen, die über das Kontaktformular auf der Internetseite www.nationalpark.nrw.de/kontakt eingereicht wurden, beantwortet."

Über Antworten auf Anfragen, die per Mail eingehen, findet sich in dem Bericht nichts.

Naturschützer: "Äußerst dünn, was da kam"

Karsten Otte, der Sprecher der Bezirkskonferenz Naturschutz in Ostwestfalen-Lippe, ist ebenfalls enttäuscht von den Agenturen, die das Umweltministerium beauftragte. Dabei hatte er per Mail und Telefon sogar Kontakt zu PD. Jedoch: "Das war äußerst dünn, was da kam. Meine Anfrage wurde erst Wochen später beantwortet" schreibt er. Hilfreich sei das nicht gewesen. Sein Fazit: "Inhaltsbefreite Pauschalaussagen". Otte hatte sich für den - inzwischen gescheiterten - Nationalpark im Eggegebirge stark gemacht.

Umweltministerium beantwortet Fragen nicht

Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne)

Oliver Krischer (Grüne)

Vom Umweltministerium wollte der WDR wissen, wie es die Leistungsbilanz der beiden beauftragten Agenturen bewertet. Ebenso, ob der Findungsprozess für den Nationalpark rückblickend ein Fehler war. Antworten auf diese und weitere Fragen gab das Haus von Oliver Krischer (Grüne) bis zuletzt nicht.

Über dieses Thema berichtet der WDR auch im Hörfunk, in der WDR5-Sendung Westblick am 25.09.2024.