Reinhold Ewald war 1997 drei Wochen lang auf der russischen Raumstation "Mir". Der Mönchengladbacher ist damit einer von dreizehn Deutschen, die bisher im Weltraum waren - und einer von zwei Astronauten aus NRW. Jetzt wurde der 68-Jährige zum Raumfahrtbotschafter des Landes ernannt.
WDR: In der russischen Raumfahrt sagt man "Kosmonaut", in der NASA-Raumfahrt und auch in der europäischen sagt man "Astronaut". Sie haben vorher gesagt, Ihnen sei es egal, wie Sie genannt werden, Hauptsache nicht "Ex-Astronaut". Warum?
Reinhold Ewald: Das ist eine Qualität, die man als Privileg mitnimmt, wenn man einmal um die Erde - oder in meinem Fall 320 Mal um die Erde - geflogen ist. Man hat einen Blick auf die Erde, man nimmt sie als Globus, als verbundenes Ganzes wahr und dieser Eindruck verliert sich nicht. Und deshalb ist die Bezeichnung Astronaut eher ein Titel, dass man eine solche Erfahrung machen durfte.
WDR: Sie sind nun vorgestellt worden als neuer Raumfahrtbotschafter des Landes NRW. Was machen Sie?

Ewald: "Raumfahrt in NRW sichtbar machen"
Ewald: Die Idee ist, Raumfahrt in NRW sichtbar zu machen. Mit der Ausrufung eines Raumfahrtministeriums und einer Raumfahrtministerin (Dorothee Bär, CDU) sehen wir einen politischen Fokus in Deutschland. Und Nordrhein-Westfalen möchte da nicht zurückstehen. Wir haben ja eine Vielzahl von Faktoren, die Raumfahrt in Nordrhein-Westfalen richtig begreifbar machen - sowohl in der Industrie als auch in den Universitäten oder in den Geländen von DLR und ESA. Um das sichtbar zu machen, ist man auf die Idee gekommen, einen Raumfahrtbotschafter in NRW bekannt zu machen, also ein Gesicht der Raumfahrt sozusagen.
WDR: Die Landesregierung sagt sogar, NRW ist Raumfahrtland. Man sieht davon aber wenig, oder?
Ewald: Konkurrenz belebt das Geschäft. Es gibt ESA-Zentren quer über die Bundesrepublik verteilt. Und Köln hat da aber tatsächlich schon seit vielen Jahrzehnten einen Schwerpunkt. Das letzte Schmuckstück ist jetzt diese Mond-Simulationsanlage LUNA, die auch mit maßgeblichen Beiträgen von Nordrhein-Westfalen entwickelt wurde.
WDR: Was kann die genau?
Ewald: Die hat aus der Eifel fein gemahlenen Regolith, so nennt man das Material, was den Mond bedeckt. Das ist ziemlich eklig, man kriegt es kaum von den Fingern und es geht natürlich auch in technische Geräte. Und so ist das Beherrschen eines Mondspaziergangs mit dieser Schwierigkeit, den Regolith nicht in die Lebensquartiere und ähnliches kommen zu lassen.
Diese Anlage ist wirklich einmalig. Die Apollo-Astronauten sind durch die Welt geflogen, um solche Verhältnisse anzutreffen. Unter anderem waren sie auch in Nördlingen und haben da eine mondähnliche Landschaft erkundet. Sie könnten es jetzt einfach in Köln haben.
WDR: Haben Sie als Raumfahrtbotschafter ein Ziel? Würden Sie gerne was Bestimmtes erreichen?
Ewald: Das Ziel ist, mit dem Fokus auf NRW das fortzusetzen, was wir Astronautinnen und Astronauten sowieso schon tun: Nämlich in die Schulen, in die Universitäten, in die Industrie zu gehen und zu sagen: Raumfahrt tut Not. Wir haben nicht nur eine Vorsorgemöglichkeit, indem wir Gefahren aus dem Weltall oder auch Gefahren für unser Klima mit Raumfahrt entdecken. Wir haben auch in unserem Alltag Raumfahrt schon aufgenommen. Und das kann man natürlich, wenn man authentisch schon mal im All war, besser als vom Hörensagen.
WDR: Was kann man lernen, wenn man, wie Sie, die Erde von so weit entfernt erblickt hat?
Ewald: Man kann lernen, dass wir keine Grenzen sehen. Dass wir auch nicht verstehen, warum da Dispute über Grenzen ausbrechen, sogar bis zum Krieg. Wir sehen, dass die Ressourcen da sind, sie nur gerechter verteilt werden müssen. Man wird dadurch nicht zum Grünen, man wird nicht zum Philosophen oder geistlichen Menschen, aber man kann das eindringlicher schildern.
WDR: Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Benjamin Sartory für den WDR 5-Westblick. Für die Online-Version wurde das Gespräch sprachlich etwas angepasst.