Die Nachricht sorgte in den Osterferien für Fassungslosigkeit in Monheim und Oberhausen: Der omanische Gesellschafter der Firma OQ Chemicals kündigte überraschend seinen Rückzug an - und das zu einem heiklen Zeitpunkt. Denn OQ Chemicals mit Sitz in Monheim muss spätestens im Herbst Kredite über 1 Milliarde Euro abtragen. Dazu waren eigentlich 200 Millionen Euro aus dem Oman eingeplant. Doch das Geld kommt nun nicht. Die Zukunft der Firma und damit von 800 Arbeitsplätzen allein am Standort Oberhausen ist damit ungewiss.
Chemieunternehmen OQ zuversichtlich
Aus dem Unternehmen hieß es zwar, aktuell gebe es noch keine akuten Sorgen um die Arbeitsplätze. Das Unternehmen würde in den letzten Monaten wieder vermehrt Aufträge verzeichnen. "Gespräche mit den Finanzierern laufen bereits", teilte ein Sprecher mit. Das Beispiel zeigt aber: Die Industrie in NRW steht unter Druck, besonders die Unternehmen mit hohem Energiebedarf.
"Wir sind jetzt zu einem Punkt gekommen, wo teure Energie zerstörerisch wirkt, und zwar nicht nur in der Industrie", erklärte dazu Michael Vassiliadis. Der Chef der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE) hat sich am Dienstag mit Ministerpräsident Hendrik Wüst und Vertretern der CDU-Landtagsfraktion in Düsseldorf ausgetauscht.
NRW als Industriemotor in Deutschland
Dabei betonte Vassiliadis, der auch Präsident des europäischen Verbunds der Industriegewerkschaften ist: "Deutschland ist weiterhin das Herz der europäischen Industrie." Und NRW solle in Deutschland und Deutschland in Europa Industriemotor bleiben. Für die Chemieindustrie gelte: "Wir sind immer noch unter Druck, aber es wird besser." Laut NRW-Wirtschaftsministerium ist die Produktion in der Chemieindustrie im Februar um knapp acht Prozent gegenüber dem Vormonat angestiegen.
Große Probleme sieht Vassiliadis aber beim Strompreis. "Wenn die Energie grün wird, muss sie auch einen ordentlichen Preis haben", so Vassiliadis mit Blick nicht nur auf Privathaushalte, sondern auch auf die Industrie. Denn dort stecke das höchste Kohlendioxid-Minderungspotenzial. "Das heißt, wir müssen aufhören, das Leitbild zu produzieren, dass jeder in seinem Vorgarten unbedingt den Beitrag zum Klimaschutz der Welt leistet, sondern es da tun, wo es effizient ist."
Forderung nach "Brückenstrompreis"
In dem Zusammenhang forderten Vassiliadis und auch NRW-Ministerpräsident Wüst erneut einen zeitlich begrenzten und staatlich subventionierten "Brückenstrompreis" für die Industrie. "Man muss das nicht lieben. Aber ich vertrete das, weil das die einzige Lösung ist", erklärte Wüst. "Wir brauchen eine Brücke dahin, bis wir insbesondere mit Offshore-Wind Preise erzielen, die für die Industrie passen."
Enttäuscht zeigte sich Wüst darüber, dass das im letzten Jahr verabredete Treffen der Chemie-Allianz noch nicht stattgefunden hat. Beim letzten Chemie-Gipfel im Kanzleramt im Herbst hätte man ein Treffen für den März verabredet. "Bald ist der April um. Und es hat das Gespräch bis heute nicht gegeben", so Wüst.
Wüst: "Stehe voll zur Schuldenbremse"
Eine Reform der Schuldenbremse lehnt Wüst weiter klar ab. Zuletzt hatte ihn auch die NRW-SPD aufgefordert, einer Umgestaltung der Schuldenbremse zuzustimmen. "Die Schuldenbremse ist ein Relikt aus vergangener Zeit und bremst den konjunkturellen Aufschwung aus", sagte der SPD-Vorsitzende Achim Post dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Das Land brauche dringend eine Reform, um in Bildung, Infrastruktur und Daseinsvorsorge investieren zu können. Auch bei den Grünen sowie Teilen der CDU sind Forderungen nach einer Reform der Schuldenbremse in letzter Zeit laut geworden.
Aber nicht mit Wüst: "Jede Generation muss mit dem Geld auskommen, das sie selber in der Lage ist zu erwirtschaften. Deshalb stehe ich voll zur Schuldenbremse", betonte der NRW-Regierungschef dazu am Dienstag.