Auf dieser Seite:
So haben Thüringen und Sachsen gewählt:
In Thüringen liegt die AfD laut vorläufigem Ergebnis mit 32,8 Prozent klar vorne. Nach Angaben des Landeswahlleiters kommt die CDU auf 23,6 Prozent. Die Linke mit Ministerpräsident Ramelow hat ihren Stimmenanteil mit 13,1 Prozent mehr als halbiert. Die SPD kommt demnach auf 6,1 Prozent, das BSW auf 15,8 Prozent. Die Grünen sind mit 3,2% nicht mehr im Landtag vertreten. Auch die FDP scheitert mit 1,1 Prozent deutlich an der Fünf-Prozent-Hürde - und kommt auf weniger Stimmen als die Freien Wähler. Die Wahlbeteiligung liegt bei 73,6 Prozent. 2019 waren es 64,9 Prozent.
In Sachsen holt die CDU mit 31,9 Prozent die meisten Stimmen. Nach Angaben des Landeswahlleiters kommt die AfD auf 30,6 Prozent. Das BSW ist mit 11,8 Prozent erstmals im Landtag vertreten. Die Linke kommt auf 4,5 Prozent, wird aber trotzdem ins Parlament einziehen, weil sie zwei Direktmandate gewonnen hat. Die Grünen kommen auf 5,1 Prozent, die SPD auf 7,3 Prozent. Ein Direktmandat hat der Spitzenkandidat der Freien Wähler, Matthias Berger, bekommen. Der Oberbürgermeister von Grimma wurde durch sein Krisenmanagement beim Jahrhunderthochwasser von 2002 bekannt. Die bisherige Koalition aus CDU, SPD und Grünen verfehlt die nötige Mehrheit der Sitze im Parlament. Die FDP ist mit 0,9 Prozent nicht mehr im Landtag vertreten. Die Wahlbeteiligung liegt bei 74,4 Prozent. 2019 waren es 66,2 Prozent.
Sachsen: Fehler bei der Berechnung der Sitze
Am Montag musste der sächsische Landeswahlleiter das Ergebnis zur Sitzverteilung im Landtag korrigieren. Das Portal wahlrecht.de hatte einen Fehler bei der Berechnung entdeckt. Aktuell kommt die AfD demnach nur auf 40 der 120 Sitze im Landtag - und bekommt damit einen weniger als bisher errechnet. Damit verfügt die als rechtsextremistisch eingestufte Partei im Landtag nicht über eine Sperrminorität. Mit 41 Sitzen hätte sie verhindern können, dass wichtige Beschlüsse im Landtag mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit gefasst werden können.
Der Landeswahlleiter begründete die Korrektur laut Agenturberichten mit einem Softwarefehler: "Nach den errungenen Stimmen haben danach die Grünen und die SPD je einen Sitz mehr und die CDU und die AfD einen Sitz weniger als angegeben."
Der Osten am Rande der Unregierbarkeit?
Da keine andere Partei in Thüringen mit der AfD zusammenarbeiten will, könnte sich die Regierungsbildung in Erfurt schwierig gestalten. Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sieht den Auftrag zur Regierungsbildung nun bei der CDU unter deren Spitzenkandidat Mario Voigt. Und auch das BSW hat schon Ansprüche angemeldet: "Wir hoffen sehr, dass wir am Ende mit der CDU eine gute Regierung zustande bekommen", erklärte Sahra Wagenknecht.
Nach dem vorläufigen amtliches Ergebnis kommt die AfD in Thüringen auf 32 Sitze im Landtag. Damit hätte sie eine Sperrminorität von mehr als einem Drittel der 88 Mandate. Gegen sie wäre beispielsweise keine Verfassungsänderung mehr möglich.
Auf die CDU kämen nun schwierige Koalitionsverhandlungen zu, sagte Jens Spahn, Mitglied des CDU-Präsidiums, dem WDR am Montagmorgen. Die Partei werde sich dieser Aufgabe aber stellen. Denn: "Wir als CDU sind ja das letzte Bollwerk gegen die AfD, das letzte Bollwerk in der demokratischen Mitte." Spahn sieht nun die Berliner Ampel-Koalition in der Pflicht. "Ihr müsst eine bessere Politik machen oder den Weg frei machen für Neuwahlen. Wenn das nicht verstanden wird in der Ampel, dann wird das nächste Jahr ein sehr schweres Jahr."
Landtagswahlen mit großer Bedeutung
Die beiden ostdeutschen Länder haben zusammen nur rund 6,2 Millionen Einwohner - ein Bruchteil der rund 84 Millionen Menschen in Deutschland. Trotzdem gilt den beiden Wahlen ungewöhnlich viel Aufmerksamkeit. Denn die Wahlen können vielfältige Auswirkungen auf den Bund und auch NRW haben.
Auswirkungen auf NRW und den Bund
Sachsen und Thüringen haben im Bundesrat, also der "Länderkammer", in der die Bundesländer mitbestimmen, jeweils 4 Sitze. Zusammen verfügen sie also über 8 Sitze in der insgesamt 69 Sitze umfassenden Länderkammer. Das klingt nach nicht viel, könnte aber bei knappen Abstimmungen entscheidend sein. "Dann könnte eine Landesregierung mit einer Partei, die durchaus auch ein Interesse an Blockade haben könnte, womöglich den Unterschied machen. Nicht sofort, aber mittelfristig", meint Politikwissenschaftler Marcel Lewandowsky. Denn die Länder im Bundesrat können ihre Stimmen nur in einer Einheit abgeben. Eine Landesregierung in Thüringen oder Sachsen muss sich also vorher darauf einigen, ob sie mit ihren 4 Stimmen im Bundesrat mit "Ja" oder "Nein" stimmen möchte.
Auswirkungen auf die AfD in NRW
In NRW kam die AfD bei der letzten Landtagswahl 2022 auf 5,4 Prozent, bei der Europawahl 2024 auf 12,6 Prozent. Das aktuell gute Abschneiden der Partei in Thüringen und Sachsen muss sich nicht direkt auf die Ergebnisse der AfD in NRW auswirken. Denn die Menschen in NRW würden eher Parteien bevorzugen, die schon länger etabliert sind. Das Protestpotential wäre kleiner als etwa in Ostdeutschland, weiß Politikwissenschaftler Marcel Lewandowsky - betont aber auch: "Wenn die AfD weiter etabliert wird als Partei, dann bedeutet das auch, dass ihre Positionen legitimer werden." Denn Parteien wie die CDU würden weiter glauben, dass man die Themen und Positionen der AfD aufgreifen und kopieren müsse, um sie in Schach zu halten. Das funktioniere jedoch nicht, betont Lewandowsky.
BSW in NRW profitiert vom "Trittbrettfahrer-Effekt"
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) könnte in NRW vom "Trittbrettfahrer-Effekt" profitieren. Denn wenn eine Partei in anderen Bundesländern erfolgreich ist, könnte sie auch in NRW interessanter werden, vermutet Politiwissenschaftler Lewandowsky. Bei der Europawahl 2024 kam das BSW in NRW nur auf 4,4 Prozent. Mittelfristig sieht der Politikwissenschaftler Lewandowsky aber auch hier großes Potential, über die Fünf-Prozent-Hürde zu kommen. "Und das wird natürlich auch das Regieren in NRW womöglich nicht einfacher machen", so Lewandowsky.
Reaktionen aus der NRW-Politik
Die Parteien im Düsseldorfer Landtag reagierten zunächst nicht auf die Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen. Einzig die AfD in NRW zeigte sich schon kurz nach Schließen der Wahllokale "hocherfreut" über die Ergebnisse ihrer Partei in den ostdeutschen Bundesländern. "Die Wähler haben der AfD, in beiden Ländern, einen klaren Regierungsauftrag erteilt. Die Bevölkerung wünscht sich eine blau schwarze Koalition", teilte AfD-Landessprecher Martin Vincentz mit. Dabei forderte er die CDU auf, ihre "lächerliche Brandmauer einzureißen und in Koalitionsverhandlungen mit der AfD zu treten."
Am Montag meldeten sich die Grünen: Man freue sich, dass die Grünen in Sachsen erneut im Landtag vertreten sind, sagte die Landesvorsitzende Yazgülü Zeybek. "Dass das in Thüringen nicht gelungen ist, ist bitter." Die Regierungsbildung in beiden Bundesländern werde voraussichtlich sehr schwer, sagt Zeybek: "Wenn sich die demokratischen Parteien schon im Wahlkampf in ideologische Schützengräben begeben, wird es nach der Wahl nicht leichter, wieder zusammenzukommen." NRW könne aber als Vorbild für eine gute Zusammenarbeit von Grünen und CDU dienen.
Für die Ampelkoalition seien die Wahlergebnisse "eine Katastrophe", sagte NRW Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) schließlich am Vormittag, deren "letzte Stunde" habe geschlagen. "Wenn man jetzt noch weitermachen will, ist das eine schwierige Hypothek für die nächsten Monate." Einen solchen Niedergang der Regierung habe es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gegeben. "Trotzdem muss man sich als Demokrat über Parteigrenzen hinweg Fragen stellen." Die Wahlen müssten zu denken geben, "deswegen dürfen wir alle nicht zur Tagesordnung übergehen".
Für das BSW zeigte sich der ehemalige Düsseldorfer Oberbürgermeister Thomas Geisel optimistisch. Einst Mitglied der SPD NRW, gehört Geisel seit Januar dem BSW an. "Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen", sagte er. "Ich hätte allerdings gehofft, dass wir der AfD noch ein paar mehr Stimmen abnhemen." Das hohe Abschneiden der AfD sei "ein Wermutstropfen" und besorgniserregend.
Unsere Quellen:
- Prognose und Hochrechnungen von infratest dimap
- Gespräch mit Politikwissenschaftler Marcel Lewandowsky
- Pressemitteilung der NRW-AfD
- ARD-Wahl-Sondersendungen
- Statement der Grünen NRW
- Statement NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst
- Interview Thomas Geisel, BSW
- Presseagentur AFPD
-
-
-
- Ergebnisse und Analysen zu den Landtagswahlen 2024 | tagesschau
-