NRW-Wohnungsmarkt: Große Unterschiede bei hohen Mieten und Leerstand

Stand: 11.07.2024, 13:39 Uhr

In Großstädten wie Köln und Düsseldorf sind bezahlbare Wohnungen kaum noch zu haben. Gleichzeitig stehen in einigen ländlichen Regionen wie der Eifel viele Immobilien leer. Der Immobilienmarkt in NRW ist gespalten.

Von Asmund Nottekämper und Ute Schyns

Es klingt nach einem Widerspruch: Obwohl die Nachfrage nach Wohnraum in Deutschland hoch ist, stehen bundesweit fast zwei Millionen Wohnungen leer. Das ist ein Ergebnis der neuesten Zensus-Erhebung für das Jahr 2022. Vor allem in Ostdeutschland steht viel leer. Doch auch im dicht besiedelten NRW sind ungefähr 3,3 Prozent der Wohnungen unbewohnt, schreibt das Statistische Landesamt (IT.NRW).

Auch in NRW ist der Wohnungsmarkt gespalten

Damit hat NRW bundesweit zwar den geringsten Leerstand. Zum Vergleich: Am höchsten ist die Quote in Sachsen-Anhalt mit 8,9 Prozent. Doch die regionalen Unterschiede im Land sind groß. Den höchsten Anteil an leerstehenden Wohnungen hat die Kleinstadt Altena im Märkischen Kreis (11,4 %). Bei dem großen Hochwasser von 2021 hat die Stadt besonders schwere Schäden erlitten. Viele Häuser befinden sich noch im Umbau.

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Vor allem viele ländliche Regionen wie die Eifel haben das Problem. Die Orte Dahlem, Blankenheim und Hellenthal weisen einen Leerstand von ungefähr sechs Prozent auf. In der dazugehörigen Kreisstadt Euskirchen dagegen stehen nur gut halb so viele Wohnungen leer. Allerdings sind auch einige Städte von hohen Leerstandsquoten betroffen - zum Beispiel Gelsenkirchen (5,3%) und Hagen (5,8%). Die niedrigsten Quoten gibt es in beliebten Städten wie Münster (2%), Köln (2,5%) und Monheim am Rhein (1,8%).

Zu wenig Leerstand und Wohnungsmangel

Zu wenig Leerstand ist auch nicht gut. Denn das ist ein Indiz dafür, dass die Lage auf dem Wohnungsmarkt sehr angespannt ist. „Hohe Mieten und geringer Leerstand sind im Grunde zwei Seiten einer Medaille”, sagt Ralph Henger vom arbeitgebernahen Institut der Deutschen Wirtschaft (IW).
In einigen Gebieten liegen die Extreme räumlich sogar relativ nah beieinander. Um dem Druck auf den Wohnungsmarkt in Köln zu entfliehen, reicht es etwa 40 Kilometer weiter Richtung Eifel in den Kreis Euskirchen zu ziehen.

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Landflucht und verlassene Häuser

Die Gründe für nicht bewohnte Wohnungen sind vielfältig: Zum Beispiel kann eine Wohnung für kurze Zeit leer stehen, weil sie saniert wird oder die Mieter wechseln. Auffallend ist jedoch, dass bundesweit mehr als die Hälfte der leerstehenden Immobilien (55%) seit über einem Jahr nicht mehr bewohnt werden, schreibt das Statistische Bundesamt. “Das deutet darauf hin, dass sich der Leerstand verfestigt hat”, sagt Matthias Waltersbacher vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung. Vor allem junge Menschen verlassen den ländlichen Raum und ziehen in die Städte, wo es häufig mehr Jobs, attraktivere Freizeitangebote und eine besser ausgebaute Infrastruktur gibt. Die “Landflucht” ist ein weitverbreitetes Phänomen. Das Beispiel aus der Eifel zeigt, dass nicht nur Landflucht zu mehr Leerstand führt, sondern auch Naturkatastrophen. In Dahlem etwa sind viele Wohnungen leer, weil sie durch das Jahrhunderthochwasser 2021 beschädigt wurden.

Der “Donut-Effekt”

Doch auch in einigen Innenstädten NRWs breiten sich Probleme aus, weiß Matthias Waltersbacher vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung: “Wir beobachten, dass Viertel auch in innerstädtischer Lage verfallen können, während die Neubaugebiete am Ortsrand wachsen.” Dort zieht es häufig junge Familien hin, die mehr Platz und bessere Parkmöglichkeiten suchen. "Außerdem sind die Supermärkte oft besser zu erreichen.” Expandierende Außenbezirke und verödende Innenstädte - ein Phänomen, das Fachleute als “Donut-Effekt” bezeichnen.

Leerstand ist ansteckend

Das Problem: Stehen Wohnungen für längere Zeit leer, wird auch die Nachbarschaft unattraktiver. Leerstand kann regelrecht “ansteckend” sein, weiß Ralph Henger vom IW. Nicht selten seien Vandalismus und Kriminalität die Folge - was noch mehr Menschen aus den betroffenen Vierteln treibt.

Ländliche Räume müssen attraktiver werden

Es gibt verschiedene Ansätze, um die Probleme in den Griff zu bekommen. Wichtig sei es, den ländlichen Raum mit einer besseren Infrastruktur auszustatten und attraktiver zu machen, findet der Immobilienökonom Henger. Das heißt: flächendeckend schnelles 5G-Internet, keine Funklöcher, bessere Anbindung von Bus und Bahn. Auch müssten Kommunen mehr tun, um Jobs und Unternehmen in die Region zu holen. Zum Beispiel, indem sie Gewerbeflächen günstig zur Verfügung stellen. Außerdem können Städte Leerstand bekämpfen, indem sie ihn sanktionieren.

Öffentliche Wohnraumförderung “Jung kauft Alt”

Über das Programm “Jung kauft Alt” versucht das Land NRW junge Menschen beim Kauf von Bestandsimmobilien zu unterstützen. Ziel dahinter ist es, dass sich mehr junge Menschen und Familien Häuser abseits der Ballungsräume leisten können - und so den bestehenden Leerstand nutzen.

Quellen

  • IT NRW: Zensus 2022
  • NRW-Bauministerium Programm Wohnraumförderung
  • empirica regio
  • Agenturmeldungen von dpa, Reuters und AFP
  • WDR5 Das Wirtschaftsmagazin vom 08.07.24