Spart NRW die Sportstätten kaputt? | WDR Aktuell
00:40 Min.. Verfügbar bis 12.01.2027.
Kein Sport wegen maroder Anlagen: Spart NRW die Sportstätten kaputt?
Stand: 12.01.2025, 14:49 Uhr
Die Ergebnisse einer neuen Studie sind alarmierend: Vielerorts fallen Sportangebote wegen maroder Anlagen weg. Das Problem: Viele Städte sind pleite. Für die Sanierungen fehlt also das Geld. In Köln regt sich deshalb Widerstand.
In vielen Städten und Gemeinden können Sportangebote nicht mehr stattfinden, weil die Anlagen marode sind. Nach einer Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik ist das in 40 Prozent der befragten Kommunen der Fall.
Besonders kritisch soll die Lage bei den Schwimmbädern sein - hier sehen 62 Prozent der Städte und Gemeinden einen gravierenden Investitionsstau, bei Sporthallen sind es 59 Prozent. In den nächsten drei Jahren drohe demnach jedem siebten Hallenbad und jedem sechsten Freibad die Schließung.
"Fatales Signal für Breitensport und Schwimmunterricht"
Der Städte- und Gemeindebund nennt das ein fatales Signal für Breitensport und Schwimmunterricht. Hauptgeschäftsführer André Berghegger fordert Hilfe von Bund und Ländern.
Das Deutsche Institut für Urbanistik hatte im Oktober vorigen Jahres 307 Städte, Gemeinden und Landkreise befragt. Die Studie sei zwar nicht repräsentativ, gebe aber einen belastbaren Einblick in die Lage, erklärte die KfW-Förderbank, die die Studie in Auftrag gegeben hatte.
Der Landessportbund NRW unterstreicht die Erkenntnisse der Studie: "Der Handlungsbedarf ist hoch", sagt Sportbund-Präsident Stefan Klett im WDR-Gespräch.
Viele Anlagen stammen noch aus den 1950er und 60er Jahren
Stefan Klett, Präsident des Landessportbundes NRW
Neu ist das Problem der maroden Sportstätten indes nicht. NRW hat etwa 38.000 Sportstätten. Viele sind in den Zeiten des Wirtschaftswunders gebaut worden, also in den 1950er und 60er Jahren. Inzwischen ist ein großer Teil von ihnen baufällig, weil sie über Jahrzehnte nicht gepflegt worden seien, so Klett: "Dann gehen die sanitären Anlagen kaputt, die technischen Anlagen gehen kaputt, die Heizungen funktionieren nicht mehr richtig." Auch Umkleide- und Materialräume seien oft "in einem erbärmlichen Zustand".
Der Städte- und Gemeindebund NRW hatte voriges Jahr aus gerechnet, dass für die Modernisierung 13 Milliarden Euro gebraucht würden. Geld, das nicht da zu sein scheint.
Der Städte- und Gemeindebund kritisiert, dass der Bund wegen Kürzungen im Haushalt Förderungen zusammenstreicht. Ohne Unterstützung können sich viele Städte und Gemeinden die Sanierung offenbar nicht leisten. Viele Kommunen in NRW sind schon seit langem pleite.
Problem: Die hohe Verschuldung in NRW
Das Statistische Landesamt IT.NRW veröffentlichte im November 2024 einen Bericht. Darin hieß es, nach einer Modellrechnung hätten die NRW-Kommunen Ende 2023 86,3 Milliarden Euro Schulden gehabt. Im Durchschnitt entfielen auf jede Einwohnerin und jeden Einwohner 4.752 Euro an Schulden. Damit stehe NRW auch schlechter da, als der Bundesdurchschnitt - dort sind es 4.133 Euro Schulden pro Kopf.
Die Folge: Marode Turnhallen, Sportplätze und Schwimmbäder können nicht saniert werden - ebenso Schulen, Bibliotheken, Theater und andere städtische Immobilien.
Monheim - hohe Verschuldung, aber trotzdem ehrgeizige Sportprojekte
In Monheim entsteht die laut Stadt erste Achtfach-Sporthalle Europas
Von den Städten hat Monheim am Rhein in NRW laut Modellrechnung mit 15.711 Euro (Stand 31.12.2023) die höchsten Schulden pro Einwohner. Allerdings baut die Stadt, die lange schuldenfrei war, gerade unter anderem eine Turnhalle der Superlative: die erste Achtfach-Sporthalle Europas. Eröffnung soll in den nächsten Monaten sein. Außerdem hat die Stadt ihr Schwimmbad abgerissen und baut es gerade neu.
Landessportbund-Präsident Klett kritisiert, dass in vielen Kommunen die Prioritäten anders gesetzt worden seien. Kultureinrichtungen und Schulgebäude seien saniert worden, nicht aber Sportstätten: "Man hat vergessen, den Sport mitzunehmen. Man hat vergessen, dass in unserer Gesellschaft der Teil, den der Sport leistet, mindestens genauso wichtig ist."
Verbände wollen Thema in den Bundestagswahlkampf tragen
Wie soll es jetzt weitergehen mit den Sportstätten im Land? Die drei größten deutschen Sportverbände - DFB, DOSB und der Deutsche Behindertensportverband - fordern im Bundestagswahlkampf mehr Geld für den Sport. Pro Jahr sollen zusätzlich zwei Milliarden Euro unter anderem für die Sanierung von Sportstätten fließen: je eine Milliarde von Bund und Ländern. Die Wochenzeitung "Die Zeit" hat die Verbandspräsidenten dazu interviewt. DFB-Präsident Bernd Neuendorf argumentiert in dem Interview, die Politik müsse dafür sorgen, "dass insbesondere in Ballungszentren Sportanlagen saniert und neu errichtet werden. Das kann kein Verband finanzieren."
Kölner Vereine schreiben offenen Brief
In Köln regt sich Widerstand gegen Pläne der Stadt. Hier soll künftig kräftig bei Sportstätten gespart werden. Die Stadt will im Haushalt 2025/26 etwa 20 Millionen Euro beim Sport streichen. Die Förderung für Hallen und Sportplätze soll um 96 Prozent schrumpfen, bei den Vereinsheimen fallen drei Viertel aller Zuschüsse weg. Die großen Kölner Sportvereine schlagen deshalb Alarm und warnen:
In einem offenen Brief protestieren deshalb 20 Vereine und Veranstalter gegen die Sparpläne der Stadt - darunter auch der 1. FC Köln, die Kölner Haie und die Lanxess Arena als Veranstalter. Sie fordern die Rücknahme der Kürzungspläne.
Der Landessportbund NRW sagt, dass die Mittel aus einem 300 Millionen-Euro-Förderprogramm der Landesregierung für Sportstätten, die von Vereinen betrieben werden, so gut wie aufgebraucht seien. Beim Sportbund setzt man darauf, dass das Land die Vereins-Sportstätten weiter fördert.
Unsere Quellen:
- Nachrichtenagentur epd
- WDR-Gespräch mit Stefan Klett, Landessportbund NRW
- Statistische Landesamt IT.NRW - Modellrechnung zur Verschuldung von NRW-Kommunen vom 27. November 2024
- Integrierte Schulden der Gemeinden und Gemeindeverbände - Stand: 31.12.2023
- Offener Brief der Allianz Kölner Sport vom 09.01.2025
Über dieses Thema berichtet der WDR am 12.1.2025 auch im Fernsehen, in der Aktuellen Stunde um 18.45 Uhr.