Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft sagte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur: "Die Beschuldigte hat sich bisher lediglich gegenüber Polizeibeamten dahingehend eingelassen, 'dass sie das eh nicht verstehen würden'." Ansonsten habe sie von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.
Frau sitzt in Untersuchungshaft
Die Frau sitzt seit der Tat in U-Haft. Der Deutschen wird vorgeworfen, in Siegen Ende August in einem Shuttle-Bus zum Stadtfest plötzlich mit einem Messer auf Fahrgäste eingestochen zu haben. Im Bus befanden sich mehr als 40 Erwachsene und einige Kinder. Sechs Menschen wurden verletzt.
Drei Männer im Alter von 19, 21 und 23 Jahren schwebten vorübergehend in Lebensgefahr. Zwei Frauen mit Migrationshintergrund hätten die Angreiferin überwältigt, schilderte Staatsanwältin Tabea Schneider.
Alle Opfer außer Lebensgefahr
Polizeieinsatz nach dem Messerangriff in Siegen-Eiserfeld
Als Siegens Bürgermeister Steffen Mues (CDU) noch auf dem Stadtfest verkündete, dass niemand mehr in Lebensgefahr schwebe, gab es tosenden Applaus. Die Entscheidung, das Fest nicht abzubrechen, sei der Stadt nicht leicht gefallen, sagt Mues:
"Da muss man natürlich auf der einen Seite die Sicherheitslage analysieren, aber man hat natürlich auch eine moralische Seite, die man dabei berücksichtigt, weil es eben auch drei Opfer gab, die in Lebensgefahr schwebten."
Warum das Stadtfest weitergeführt wurde
Für die Entscheidung hatte der Bürgermeister auch die Bus-Insassen besucht: "Die haben eigentlich auch alle gesagt, es wäre schade, wenn jetzt das Fest abgesagt wird. Das hatte ich bei dieser Entscheidung im Hinterkopf. Die haben alle gesagt: Weitermachen."
Busfahrer hat schnell gehandelt
Ein Sprecher der Verkehrsbetriebe Westfalen-Süd (VWS) sagte der "Siegener Zeitung", der Busfahrer habe geistesgegenwärtig reagiert, den Bus sofort nach dem ersten Tumult im Fahrzeug zum Stehen gebracht und alle Türen geöffnet.
Das habe den Fahrgästen eine schnelle Flucht aus dem Bus ermöglicht und vielleicht noch Schlimmeres verhindert.
Keine Parallelen zu Anschlag in Solingen
Nach dem Angriff hat sich auch NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) geäußert. Bei seinem ohnehin geplanten Besuch zum Siegener Stadtjubiläum sagte er: "Das, was hier in Siegen passiert ist, hat mit dem, was in Solingen passiert ist, gar nichts zu tun. Es waren nur beide Male Messer."
Reul verdeutlichte gleichermaßen: "Aber es ist ein Riesenunterschied, ob ein Terrorist unterwegs ist oder ob jemand - eine deutsche Frau, die psychische Probleme hat - wahllos auf Menschen einsticht. Deswegen wird die Polizei da ganz anders arbeiten müssen."
Der Minister kündigte an, dass er prüfen lassen wolle, ob zukünftig bei großen Festen Taschenkontrollen möglich seien. Er fügte hinzu: "Für das Zusammenleben ist es wichtig, dass wir nicht in Angst und Schrecken verharren, auch nicht in Schuldzuweisungen, sondern dass wir selber stark bleiben und zusammenhalten.
Frauen überwältigten Täterin
Reul lobte zudem das couragierte Eingreifen mehrerer Menschen während des Angriffs: "Wenn ich mitkriege, dass das Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund waren, ich finde, das kann ja auch ein bisschen stolz machen."
NRW-Ministerpräsident Wüst (CDU) sagte zu der Tat, es sei wichtig, dass die Hintergründe, die zu dem Angriff führten, jetzt schnell ermittelt werden. "Junge Menschen, in ausgelassener Stimmung, auf dem Weg zu einem Fest, werden ganz unvermittelt zu Opfern. Die Vorstellung, einem solchen Angriff in einem Bus ausgesetzt zu sein, lässt erschaudern", so Wüst.
Auch die Bundestagsabgeordnete für Siegen-Wittgenstein, Laura Kraft (Bündnis 90/Die Grünen), wünschte den Verletzten auf der Plattform X eine "schnelle Genesung und den Angehörigen sowie Betroffenen ganz viel Kraft in diesen Stunden." Dieser Vorfall werfe einen "Schatten auf die Feierlichkeiten" in Siegen.
Polizei geht nicht von Terrorakt aus
Die 32-jährige mutmaßliche Messerangreiferin soll sich noch alleine im Bus befunden haben, als die Polizei sie festnahm. Sie war bereits polizeibekannt. Es gibt Hinweise auf eine psychische Erkrankung. Daher gehen die Ermittler nicht von einem Terrorakt aus. Gegen die Frau wurde Haftbefehl erlassen.
Über den Online-Dienst X rief die Dortmunder Polizei, die die Ermittlungen übernommen hat, zur Mäßigung auf. Denn in sozialen Netzwerken kursierten viele Falschmeldungen zur Angreiferin.
Laut Angaben der Polizei habe die Tatverdächtige am Freitag gegen 19.40 Uhr sechs Menschen im Alter von 16 bis 30 Jahren mit einem Messer angegriffen. Am Sonntagabend teilte die Polizei mit, dass die drei Schwerstverletzten nicht mehr in Lebensgefahr seien.
Drei weitere Verletzte hätten das Krankenhaus nach ambulanter Behandlung bereits Freitagabend verlassen können. Alle Verletzten stammen Polizei und Staatsanwaltschaft zufolge aus dem Kreis Siegen-Wittgenstein.
Erhöhte Sicherheitsvorkehrungen
Nach dem Messerangriff in Solingen vor einer Woche, bei der ein mutmaßlicher Islamist drei Menschen getötet und acht weitere teils schwer verletzt hatte, galt beim Siegener Stadtfest ein erhöhtes Sicherheitskonzept.
"Besuchende des Stadtfestes dürfen keine Messer mit sich führen", hieß es auf der Seite der Stadt. Daneben habe man das Sicherheitspersonal aufgestockt und die Anzahl der Kameras zur Videoüberwachung erhöht.
Neues Sicherheitskonzept auf dem Siegener Stadtfest
Lokalzeit Südwestfalen. 02.09.2024. 03:11 Min.. Verfügbar bis 31.01.2025. WDR. Von Mike Külpmann.
In ihrer Bilanz des Stadtfestes resümierte die Polizei: Es sei ein friedliches Fest gewesen, mit den üblichen kleineren Delikten. Das Sicherheitskonzept der Stadt habe funktioniert.
Reul: "Gute Leistung" der Polizei
NRW-Innenminister Herbert Reul
Der Messerangriff in Siegen war auch Thema im Innenausschuss des NRW-Landtags. Innenminister Reul dankte dabei auch den Menschen vor Ort, die geistesgegenwärtig gehandelt hätten. Sie hatten die Frau überwältigt und ihr weitere Waffen abgenommen. Die Polizei sei nach acht Minuten eingetroffen, das sei eine gute Leistung.
Reul sagte, die Ermittlungen laufen noch. Über die mutmaßliche Täterin sei aber bereits bekannt, dass sie früher wegen Drogendelikten und Verkehrsverstößen aufgefallen sei.
Neben der Tat in Siegen haben in den vergangenen Wochen gleich mehrere Messerangriffe für Aufsehen gesorgt: Nach der Tat in Solingen gab es auch Messerangriffe in Moers und Recklinghausen - beide gelten nicht als Anschläge. Im vergangenen Jahr registrierte die Polizei in NRW 3.536 Angriffe mit Messern im öffentlichen Raum - etwa 1.000 mehr als im Jahr davor.
Unsere Quellen:
- Pressemeldung der Polizei Dortmund und Staatsanwaltschaft Siegen
- WDR-Reporter vor Ort
- Siegener Zeitung
- dpa