Fast 20 Millionen Haushalte in Deutschland sind Mieter. Und die Mieten steigen und steigen. 2022 brachten die Deutschen durchschnittlich 27,8 Prozent ihres Einkommens für die Miete auf. 2015 wurde daher die Mietpreisbremse eingeführt, die überhöhten Mieten einen Riegel vorschieben sollte. Doch das Mietrechtsnovellierungsgesetz, wie die Mietpreisbremse eigentlich heißt, erweist sich mehr und mehr als nutzlos.
Vermieter nutzten Schlupflöcher, würden kaum kontrolliert und schon gar nicht sanktioniert, sagt Hans-Jochem Witzke vom Deutschen Mieterbund NRW im Gespräch mit dem WDR. "Dabei ist eine Miete, die mehr als 20 Prozent über der ortsüblichen Miete liegt, eine Ordnungswidrigkeit. Ist die Miete 50 Prozent zu hoch, ist das sogar eine Straftat", so der Experte. "Die Mieter haben aber häufig Angst, ihre Wohnung zu verlieren und zahlen lieber."
Es gibt aber durchaus einige Möglichkeiten, einem Vermieter, der zu viel Geld verlangt, auf die Füße zu treten und die Miete anzupassen. Aber der Reihe nach:
Was regelt die Mietpreisbremse?
Die Mietpreisbremse soll bei Neuvermietungen vor überhöhten Mieten schützen. So darf die Miethöhe bei neu abgeschlossenen Mietverträgen maximal 10 Prozent über der ortsüblichen Miete liegen. Die ortsübliche Miete könnt ihr über eure Kommune anfragen. Sie findet sich im Mietspiegel der jeweiligen Stadt oder Kommune, meistens reicht dafür schon eine einfache Internet-Recherche. Der Mietspiegel zeigt die Durchschnittsmiete in meiner Stadt, bzw. Umgebung.
Bei niedrigen Bestandsmieten darf die Miete bis zum Erreichen der ortsüblichen Vergleichsmiete innerhalb von drei Jahren nur um maximal 15 Prozent steigen. Zudem regelt die Mietpreisbremse eine mögliche Kündigung. Mietenden darf erst fünf Jahre nach der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen wegen Eigenbedarfs gekündigt werden.
Wo gilt die Mietpreisbremse?
In NRW unterliegen nur 18 Kommunen der Mietpreisbremse. Neben den Großstädten Bonn, Düsseldorf, Köln und Münster sind dies Alfter, Bad Honnef, Bergisch Gladbach, Bornheim, Hennef (Sieg), Königswinter, Leichlingen, Niederkassel, Pulheim, Rösrath, Siegburg, Telgte, Wachtberg und Wesseling. Etwa im gesamten Ruhrgebiet und in den meisten Teilen Westfalens gilt die Mietpreisbremse also nicht.
Gibt es Ausnahmen für die Vermieter?
Ja, die gibt es. Neubauwohnungen unterliegen nicht der Mietpreisbremse. "Als Neubau gilt eine Wohnung, die nach dem 1.10.2014 erstmals genutzt oder vermietet wurde", sagt Dietmar Wall vom Deutschen Mieterbund in Berlin im Gespräch mit dem WDR.
Dietmar Wall vom Deutschen Mieterbund
Außerdem können Modernisierungskosten geltend gemacht werden. Hat der Eigentümer in den drei Jahren vor Beginn des Mietverhältnisses die Wohnung modernisiert und die Miete nicht erhöht, kann er einen Zuschlag im neuen Mietverhältnis erheben.
Bei einer umfassenden Modernisierung gilt die Wohnung sogar als Neubau, zumindest wenn die Kosten für die Modernisierung ein Drittel der Kosten für einen Neubau betragen. Dann gilt die Mietpreisbremse nicht. "Aber bei welcher Modernisierung wird schon ein Drittel der Neubaukosten aufgewendet?", fragt Witzke.
Ist die Miete für den Vormieter schon mehr als 10 Prozent über dem Mietspiegel, muss der Vermieter diese bei der neuen Miete tatsächlich nicht senken. "Das ist total verrückt eigentlich", so Witzke. "Der Mieter darf dann weiterhin diese Miete verlangen." Er darf aber nicht im letzten Jahr des Mietverhältnisses mit dem Vormieter die Miete sozusagen künstlich anheben, um die neue Miete hochzuhalten.
Problem bei Vermietung möblierter Wohnungen
Eine gewisse Grauzone ist die Vermietung von möblierten Wohnungen. "Um es deutlich zu sagen, bei der Vermietung möblierter Wohnungen gilt sehr wohl die Mietpreisbremse", betont Witzke. "Wir erbitten uns da aber eine deutlichere Gesetzgebung. Es gibt einige Urteile, dass die Vermieter zwei Prozent vom Zeitwert der Möbel ansetzen können." Dazu muss aber der aktuelle Wert der Möbel geschätzt werden. Die Vermieter müssen allerdings nicht offenlegen, wieviel für die Grundmiete und wieviel für die Möbel anfällt. "Es fehlen gesetzliche Vorgaben und es gibt nur eine sehr dünne Rechtssprechung", so Wall, der empfiehlt, mit dem Vermieter das Gespräch zu suchen.
Wie mahne ich eine zu hohe Miete an?
Wenn ihr nun anhand des Mietspiegels feststellt, dass eure Miete zu hoch ist, könnt ihr eine Rüge an den Vermieter aussprechen. Dazu Wall: "Eine Rüge bedeutet, ihr teilt das einfach dem Vermieter mit." Es gibt eine Frist, die 30 Monate beträgt. "Man muss innerhalb der ersten 30 Monate des Mietverhältnisses die hohe Miete anmahnen, dann bekommt ihr für alle Mieten vom Beginn des Mietverhältnisses Geld zurück. Nach Ablauf der 30 Monate gibt es den Abschlag nur noch ab dem Zeitpunkt der Rüge", so Wall.
"Häufig reicht aber auch schon ein Schreiben vom Mieterverein, um die Vermieter zur Vernunft zu bringen", sagt Witzke. Für eine Rechtsberatung durch die örtlichen Mietervereine müsst ihr aber Mitglied sein. Die Mitgliedsbeiträge liegen meist zwischen 70 und 100 Euro im Jahr.
Warum steigen die Mieten eigentlich so stark?
Nirgendwo in der EU leben so viele Menschen zur Miete wie in Deutschland.
Deutschland ist ein Mieterland. In keinem anderen Land der Europäischen Union ist der Anteil der Bevölkerung, der zur Miete wohnt, so hoch. 2022 waren es 53,5 Prozent. In den Niederlanden (29,4), Belgien (27,5) oder Spanien (24) ist der Prozentsatz weit niedriger, in Rumänien wohnen gar nur 5,2 Prozent zur Miete.
Weil auch die Bevölkerung wächst und in Deutschland der Wohnraum generell knapp ist, kennen die Mieten nur einen Weg: Den nach oben. Zudem wird derzeit in Deutschland sehr wenig gebaut - die Baukosten sind enorm gestiegen, Inflation und steigende Zinsen lassen Investoren und Bauherren zögern. Das alles erhöht den Druck auf den Wohnungsmarkt, vor allem in den Ballungsräumen.
Was tut das Land NRW?
Es ist bekannt, dass Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) kein Fan der Mietpreisbremse ist. Und es wird auch in NRW zu wenig gebaut. Die Bauämter in NRW genehmigten 2023 26 Prozent weniger Wohnungen als im Vorjahr. Immerhin soll die Förderung des sozialen Wohnungsbaus in NRW noch in diesem Jahr um eine Milliarde auf 2,7 Milliarden Euro aufgestockt werden.
Unsere Quellen:
- Website des Bauministeriums mhkbd.nrw
- Gespräch mit Dietmar Wall vom Mieterbund
- Gespräch mit Hans-Jochem Witzke vom Mieterbund NRW
- statista.de
- tagesschau.de
- Nachrichtenagentur dpa