Missbrauch in der Pflege | WDR Aktuell
01:54 Min.. Verfügbar bis 24.03.2027.
Was sich ändern muss, um Missbrauch in der Pflege zu verhindern
Stand: 24.03.2025, 12:31 Uhr
Neun Morde und 34 Mordversuche auf einer Palliativstation in Würselen werden einem Ex-Pfleger vorgeworfen - heute hat der Prozess in Aachen begonnen. Doch wie lassen sich solche Taten verhindern?
Seit Montag steht der 44-Jährige vor dem Aachener Landgericht. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft soll er ihm anvertrauten Menschen auf der Palliativstation des Rhein-Maas-Klinikums in Würselen Überdosen von Schmerz- oder Beruhigungsmitteln gespritzt haben. Die Staatsanwaltschaft nimmt als Motiv an, dass der Deutsche ruhige Nachtschichten und wenig Aufwand mit den Patienten haben wollte.
Immer wieder fliegen Serientäter auf
Immer wieder kommt es zu Mordversuchen in Kliniken oder in Altenheimen. So wurde der Krankenpfleger Niels H. in Delmenhorst wegen Mordes in mindestens 85 Fällen zwischen den Jahren 2000 bis 2005 verurteilt. Auch ehemalige Vorgesetzte mussten vor Gericht, um zu klären, ob sie die Taten billigend in Kauf genommen hatten. Aktuell gibt es auch in Mönchengladbach Ermittlungen gegen eine Krankenpflegerin, die versucht haben soll, mehrere Patienten mit Injektionen umzubringen.
Wie sich Taten verhindern lassen
Wie lässt sich Patienten und Angehörigen die Angst nehmen, einer Vertrauensperson im Heim schutzlos ausgeliefert zu sein? Welche Verantwortung tragen Heime und Mitarbeiter?
Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, findet, dass man es Serientätern in der Pflege und im Krankenhaus zu einfach macht. Im Umfeld von Schwerstkranken und Pflegebedürftigen glaube man, es sei alles normal, was auf den Stationen geschieht. Doch gerade dann hätten einzelne Täter - getrieben von Machtfantasien, Eigensucht und Selbstüberschätzung - leichtes Spiel.
"Wir machen uns kaum bewusst, dass in der Pflege in den letzten Wochen, Monaten, vielleicht sogar in den letzten zwei Jahren mehr Menschen ums Leben kommen sind, als durch die Organisierte Kriminalität." Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz
Patientenschützer fordert "Kultur des Hinschauens"
Es gibt bereits anonyme Meldesysteme. Laut Deutscher Krankenhausgesellschaft gibt es an vielen Kliniken auch eine Arzneimittelkommission, der es auffällt, wenn auf einer Station besonders viele problematische Substanzen eingesetzt werden. Es gelte, eine "Kultur des Hinschauens" zu entwickeln, sagt der Patientschützer. Brysch fordert zusätzlich den Einsatz von KI und eine Art "digitale Apotheke", die Medikamente eindeutig dem Patienten zuweist. Algorithmen könnten zudem Auffälligkeiten sichtbar machen.
Etabliert sind sogenannte Todesfallbesprechungen, bei denen Fälle von unerwartet verstorbenen Personen diskutiert werden. Viele Krankenhäuser erheben längst Statistiken zu einzelnen Stationen, die Todesfälle und Komplikationen registrieren. Brysch fordert vom Land NRW aber auch amtsärztliche Leichenschauen bei ganz bestimmten Gruppen.
Meldesysteme und Probleme nicht zu vertuschen, sondern ihnen offen nachzugehen - das dürfte der wichtigste Schutz sein, gegen die ganz, ganz wenigen gefährlichen Pfleger und Mediziner.
Unsere Quellen:
- Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz
- Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS)
- Gerichtssprecherin
- WDR-Reporter
- dpa