Unrat, Notdurft, Prostitution: Das Gewerbegebiet Immendorf in Köln Lokalzeit aus Köln 19.02.2025 03:16 Min. Verfügbar bis 19.02.2027 WDR Von Estella Mazur

Unrat, Notdurft, Prostitution: Das Gewerbegebiet Immendorf in Köln

Stand: 19.02.2025, 17:29 Uhr

Köln hat in Immendorf Agrarland zum Gewerbegebiet gemacht. Ziel: wirtschaftlich attraktiver werden. Die Realität ist eine andere.

Von Estella Mazur

Lukas von Zimmermann ist wütend. Jeden Tag muss der Immendorfer am neuen Gewerbegebiet vorbei fahren. Besonders ärgern ihn die großen, weißen Plakate mit der Aufschrift "Vermietung Büro- und Halleflächen", die vor vielen Rohbauten hängen.

"Ich wollte keine Almosen, ich wollte investieren"

Vor zwei Jahren hatte sich der 54-Jährige die Vergabekriterien schicken lassen. Der Fuhrpark seiner Fahrschule sollte elektrisch werden. Dafür wollte Lukas von Zimmermann eine Halle mit eigener Ladeinfrastruktur auf dem Gelände bauen. „In den Vergabekriterien der Stadt Köln stand ganz klar drin, auf keinen Fall zur Vermietung, nur für Kleinunternehmer und nicht für Investoren. Aber jetzt sind die Hallen doch zu vermieten und das, bevor sie überhaupt gebaut sind.“

Lukas von Zimmermann | Bildquelle: WDR

Er erhält eine Absage, weil seine Pläne nicht den Anforderungen entsprachen. Die Baukriterien seien für ihn als Kleinunternehmer nicht zu stemmen gewesen. Jetzt schaut Lukas von Zimmermann auf die vielen unverkauften Grundstücke und sagt: "Ich wollte keine Almosen, ich wollte investieren." Er hätte wohl nicht nur seine Fahrschule auf sichere Beine stellen können, "sondern auch 50 Tonnen CO2 im Jahr einsparen können".

Gewerbegebiet sollte Köln attraktiver machen

Fünf Unternehmen haben sich hier angesiedelt | Bildquelle: WDR

2019 hatte die Stadt Köln im südlichen Stadtteil Immendorf ein ehemaliges Agrarland zum Gewerbegebiet umgemünzt. Kleinere und mittelständische Unternehmen sollten hier die Möglichkeit haben, ihre Firmensitze aufzubauen und damit Köln als Wirtschaftsstandort attraktiver zu machen. Aber von diesen Versprechen scheint nicht viel übrig geblieben zu sein.

Stillstand im Gewerbegebiet Immendorf

Seit diesem Jahr haben sich die Vergabekriterien verändert. Trotzdem gibt es einen Stillstand in Immendorf. Von den insgesamt 31 Parzellen sind bisher 15 verkauft.

Laut der Stadt Köln sind der Großteil der Käufer inhabergeführte Betriebe, insbesondere aus dem Handwerks- und Produktionsbereich. Manche Käufer hätten die Grundstücke aber wieder zurückgegeben. Nur fünf Unternehmen sind in Betrieb. Die Stadt Köln erklärt all das mit gestiegenen Baukosten.

Vermüllung und eine Rattenplage

Ein weiterer Grund für die Zurückhaltung bei den Geschäftsleuten könnte aber auch der Zustand des Gewerbegebiets sein: Die Straßenbeleuchtung gibt es erst seit einem halben Jahr. In jeder Sackgasse liegt Bauschutt. Am Wegesrand Verpackungsmüll, Essensreste, dreckige Kleidung.

Brigitte Schoenebeck, Bürgerverein "Blühendes Immendorf" | Bildquelle: WDR

"Das Gewerbegebiet hat sich mittlerweile zum Rastplatz etabliert und die Leute schmeißen sämtlichen Müll, den man sich vorstellen kann, aus dem Fenster und verrichten auch ihre Notdurft", erzählt Brigitte Schoenebeck vom Bürgerverein "Blühendes Immendorf".

Wir haben mittlerweile Ratten ohne Ende. Brigitte Schoenebeck

LKW-Rastplatz mit kurzzeitigem Straßenstrich

"Außerdem hatte sich hier kurzzeitig ein Straßenstrich etabliert, wo LKW-Fahrer vor Ort „bedient“ wurden", erzählt Brigitte Schoenebeck. Aktuell nehmen Anwohner und Geschäftsleute das nicht mehr so wahr.

Die Stadt Köln sagt zu den aktuellen Problemen im Gewerbegebiet Immendorf, sie nehme die Kritik der Anwohner sehr ernst. Und sie setze sich für bessere Rahmenbedingungen ein. Brigitte Schoenebeck hat einen anderen Eindruck: "Wir beschweren uns regelmäßig, aber es passiert nichts.“

Bauschutt und Müll am Straßenrand | Bildquelle: WDR

Momentan räumt nur der Bürgerverein in regelmäßigen Putzaktionen den Müll weg. Denn die Stadt hat noch nicht entschieden, ob die ansässigen Firmen selbst oder die Abfallwirtschaftsbetriebe Köln, AWB, dafür verantwortlich sind.

Kommt ein Wertstoffhof der AWB?

Für das Gewerbegebiet zuständig ist die Wirtschaftsförderung KölnBusiness, ein Tochterunternehmen der Stadt. Mittlerweile stehen an der Zufahrt zwar Schilder mit eingeschränktem Haltverbot, um die Lkw fernzuhalten. Aber regelmäßige Kontrollen gibt es nicht. Vor allem an den Wochenenden stehen hier immer noch überall Lkw mit europäischen Kennzeichen.

Obendrauf gibt es neue Sorgen für Anwohner und Geschäftsleute: Denn momentan wird verhandelt, ob die AWB hier einen Wertstoffhof hinbaut. "Das hat gar nichts mehr mit Kleingewerbe oder mittelständisch zu tun", ärgert sich Brigitte Schoenebeck. Sie rechnet dann mit 800 Pkw täglich.

Unsere Quellen:

  • Reporterin vor Ort
  • Stadt Köln
  • AWB Köln
  • Bürgerverein „Blühendes Immendorf“
  • Zeugen vor Ort