Auf dem Gerichtsflur sitzen am Morgen die beiden jugendlichen Opfer. Die Narben am Ohr, beziehungsweise am Arm sind noch sichtbar, aber halbwegs verheilt. Die tiefe Wunde am Ohr des 17-Jährigen lag nur wenige Zentimeter neben der Halsschlagader.
Beiden ist die Nervosität sehr anzumerken. Sie werden gleich als Zeugen zum ersten mal seit der Tat wieder auf den Menschen treffen, der ihnen lebensbedrohliche Verletzungen zugefügt hat – bei einem Angriff, der, wie sie erzählen, praktisch aus dem Nichts auf offener Straße entstanden ist.
14-Jähriger griff mit Glasflasche an
Angeklagt ist ein 14-jähriger Junge aus Syrien wegen gefährlicher Körperverletzung. Vor dem Bahnhof in Haan-Gruiten hatte er im Januar zwei 17 und 18 Jahre alte Jugendliche mit einer zerbrochenen Glasflasche angegriffen und schwer verletzt. Der Prozess findet aus Jugendschutzgründen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Vor dem Bahnhof in Haan-Gruiten sind die Opfer dem 14-jährigen Täter zum ersten Mal begegnet.
Eine Überwachungskamera hatte den ersten Teil des Streits aufgezeichnet. Die Aufnahmen sind Teil des nichtöffentlichen Verfahrens – der WDR konnte sie aber ansehen. Der Gehweg vor dem Bahnhof ist durch eine Baustelle und eine Müllbox verengt. Hier berührten sich der spätere Täter und die beiden Opfer. Es gab eine kurze Rangelei, ein Passant ging dazwischen.
Was danach passiert ist, zeigt das Video nicht. Obwohl der 14-jährige Täter sich zunächst Richtung Bahnhof entfernte, ging er offenbar kurz darauf auf der gegenüberliegenden Straßenseite mit einer abgebrochenen Flasche auf die beiden los. Mit stark blutenden Verletzungen retteten sich beide in einen Supermarkt, wo die Rettungskräfte verständigt wurden.
Täter zunächst für strafunmündig gehalten
Die Polizei hatte den Verdächtigen schnell ermittelt. Der Junge sagte den Beamter damals jedoch, er sei erst 13 und nicht strafmündig. Erst später aber hatte das Ausländeramt Dokumente aus Syrien erhalten, die zeigten, dass er bereits 14 Jahre alt war und damit eben doch vor Gericht gestellt werden konnte. Der Junge soll in Haan schon mehrfach polizeilich wegen Körperverletzungs- und Raubdelikten aufgefallen sein.
Die spielten im Prozess jedoch keine Rolle. Heute gab er die Tat zu und entschuldigte sich bei den beiden Opfern. Das Jugendschöffengericht in Mettmann verurteilte den Angeklagten jetzt zu einer Strafe von einem Jahr und zehn Monaten Jugendarrest. Sie gilt als sogenannte Jugendeinheitsstrafe.
Die beiden Opfer müssen den Angriff immer noch verarbeiten. Obwohl beide rein äußerlich einen robusten Eindruck machen, erzählen sie, dass sie sich bis heute noch nicht wieder sorglos auf die Straße trauen. Auch seine Berufsschule kann der 17-Jährige noch nicht wieder besuchen.
Unsere Quellen:
- Amtsgericht Mettmann
- Reporter vor Ort