Prozessstart gegen angeschossenen Randalierer in Gummersbach
Lokalzeit aus Köln. 26.04.2024. 02:26 Min.. Verfügbar bis 26.04.2026. WDR. Von Jochen Hilgers.
Schüsse in Fußgängerzone Gummersbach - Prozessauftakt gegen angeschossenen Randalierer
Stand: 26.04.2024, 13:26 Uhr
Dieser Fall schlug bundesweit hohe Wellen. Mitten in der Innenstadt von Gummersbach misslingt im November 2023 eine Festnahme. Polizisten schießen schließlich mehrmals auf einen Mann. Er ist nun angeklagt - vor dem Amtsgericht in Gummersbach.
Von Jochen Hilgers
Dem bei der Festnahme durch die Schüsse lebensgefährlich verletzten Randalierer werden unter anderem Diebstahl, Widerstand und Körperverletzung vorgeworfen. Der Fall hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt. Der polizeibekannte Angeklagte soll nach dem Diebstahl von zwei Bierdosen eine Verkäuferin und einen Polizisten angegriffen und sich seiner Festnahme widersetzt haben. Daraufhin fielen in der belebten Fußgängerzone 15 Schüsse, abgegeben von Polizisten.
Angeklagter verlor Finger und sitzt im Rollstuhl
Das Amtsgericht Gummersbach
Pünktlich wird der Angeklagte heute (Freitag, 26.4.) von einem Justizwachtmeister in den Sitzungssaal gebracht. Er sitzt im Rollstuhl, schaut völlig unbeteiligt. An den Händen fehlen ihm drei Finger. Das sind die äußerlichen Folgen der Schüsse, die auf ihn abgegeben worden waren. Andere Projektile trafen seinen Körper und ein Bein. Er erlitt lebensgefährliche Verletzungen, lag lange auf der Intensivstation. Ob er jemals wieder laufen kann, könne niemand sagen. So schildert es jedenfalls sein Anwalt, der Strafverteidiger Udo Klemt. Der Prozess beginnt mit einer knappen Stunde Verzögerung, weil ein Schöffe nicht gekommen ist und Ersatz gefunden werden muss.
Verteidiger nennt Polizeieinsatz "völlig überzogen"
Der Strafverteidiger bewertet den Polizeieinsatz als "völlig überzogen". Sein Mandant leide unter einer schweren psychischen Erkrankung, habe Alkohol- und Drogenprobleme. Er könne nicht verstehen, sagt Anwalt Klemt, dass die Staatsanwaltschaft die Ermittlungsverfahren gegen die drei Polizeibeamten eingestellt habe. Er hoffe, dass dies nach dem Prozess anders sein werde. Das sich herausstelle, dass die Polizeibeamten den Einsatz eben nicht nach den Regeln der Kunst gemeistert hätten. Es sei ein Wunder, dass nicht mehr passiert sei, sagt Udo Klemt.
Video des Polizeieinsatzes verbreitet sich im Netz
Supermarkt, in dem der Mann das Bier gestohlen haben soll
Im November 2023 kursieren blitzschnell Videos im Netz, die die dramatischen Sekunden dokumentieren. Darin sieht man den zunächst flüchtenden Angeklagten. Dann sieht es so aus, dass er die Beamten angreift. Er ist mit einem Cutter-Messer bewaffnet, stellt sich später heraus. Daraufhin fallen insgesamt 15 Schüsse, abgegeben aus den Dienstwaffen aller drei Polizisten. Der Mann sackt schwer verletzt zusammen.
Zwei Passanten werden verletzt. Einer, so sagt Verteidiger Klemt erleidet einen Durchschuss am Gesäß. Ein weiterer am Oberarm. Eine Kugel schlägt in der Sparkassen-Filiale gegenüber ein.
Insgesamt drei Anklagen gegen den Mann
Prozess hat begonnen
Im Prozess, der auf drei Verhandlungstage angesetzt ist, geht es auch um einen Übergriff des Mannes auf eine Polizistin und einen Polizisten in Gummersbach. Ebenso muss er sich wegen Sachbeschädigung und Körperverletzung gegen seinen Vermieter verantworten.
30 Zeugen sollen nun helfen, das Geschehene aufzuklären. Ein Urteil soll am 17. Mai gefällt werden.
Unsere Quellen:
- Amtsgericht Gummersbach
- Polizei Gummersbach
- Reporter vor Ort