Die Anzahl der Strafanzeigen nach den Übergriffen auf Frauen in der vergangenen Kölner Silvesternacht ist groß - doch verurteilt wurde bislang kaum einer der mutmaßlichen Straftäter. Viele Verfahren wurden eingestellt, weil nicht einmal ein Verdächtiger ermittelt werden konnte. Urteile gab es bislang lediglich in sechs Fällen. Das geht aus einer am Freitag (25.11.2016) veröffentlichten Antwort des NRW-Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage der FDP hervor.
Gegen die sechs Verurteilten verhängte das Amtsgericht Köln Freiheitsstrafen zwischen sechs und 21 Monaten, die zumeist zur Bewährung ausgesetzt wurden. Ein Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Hunderte Verfahren eingestellt
Laut Innenministerium waren beim Kölner Polizeipräsidium bis zum 25. Oktober 2016 exakt 1.205 Strafanzeigen eingegangen, 509 davon wegen Sexualdelikten. Weil keine Täter zu ermitteln waren, wurden 369 dieser Verfahren eingestellt - darunter 211 wegen sexueller Nötigung oder Vergewaltigung.
Oft kein hinreichender Tatverdacht
Eingestellt wurden auch die Verfahren gegen 52 nach akribischer Recherche schließlich identifizierte Beschuldigte, denen Straftaten wie sexuelle Nötigung oder sexuelle Beleidigungen zur Last gelegt wurden. Gegen 49 von ihnen gab es keinen hinreichenden Tatverdacht, von drei Beschuldigten war der Aufenthaltsort nicht zu ermitteln.
Noch 58 laufende Ermittlungsverfahren
Derzeit laufen in Köln noch 58 Ermittlungsverfahren gegen 83 namentlich bekannte Täter. "Die NRW-Polizei unternimmt alles in ihrer Macht stehende, damit die Täter der Silvesternacht zur Rechenschaft gezogen werden", sagte ein Sprecher des Innenministeriums am Freitag. Das sei mitunter schwierig, weil die Taten in der Dunkelheit und aus größeren Personengruppen heraus begangen worden seien.
Massive Polizeipräsenz in Köln
Mittlerweile hat der Kölner Polizeipräsident seine Planungen für die Silvesternacht 2016/2017 vorgestellt. Demnach sollen rund 1.000 Polizeibeamte und 500 weitere Kräfte von Ordnungsamt und Sicherheitsdiensten für einen reibungslosen Ablauf sorgen.
Anzeigenhagel auch in Düsseldorf
In Düsseldorf waren bezüglich der vergangenen Silvesternacht 296 Strafanzeigen erstattet worden, 103 davon wegen Sexualdelikten. 62 wurden eingestellt mangels Tatverdächtiger.
Das Dortmunder Polizeipräsidium bearbeitete 30 Strafanzeigen aus der Silvesternacht. Bei fünf ging es um sexuelle Straftaten - drei davon wurden eingestellt. Ein Täter wurde verwarnt und zu 25 Arbeitsstunden verurteilt, ein zweiter musste 1.000 Euro Geldstrafe bezahlen.
In Bielefeld hatten von 20 Strafanzeigen aus der Silvesternacht fünf einen sexuell motivierten Hintergrund. Sie wurden alle eingestellt, weil die Täter nicht ermittelt werden konnten.