Für die Bonner Frisörmeisterin Rosemarie Titzmann gibt es kein Zurück mehr zur klassischen Fünf-Tage-Woche. "Ich bin traurig, dass ich es nicht eher gemacht habe", zieht sie nach einem Jahr Bilanz. Sie entschied sich für eine Vier-Tage-Woche von Dienstag bis Freitag. Am Samstag hat sie zu, dafür bleibt ihr Salon unter der Woche etwas länger geöffnet. Weniger Gehalt bekommen ihre Angestellten nicht. Die Vier-Tage-Woche hat Titzmann bei vollem Lohnausgleich eingeführt.
Vier-Tage-Woche auch im Hotel
Auch rheinabwärts in einem Düsseldorfer Hotel sind Angestellte und Chefs zufrieden mit dem Experiment Vier-Tage-Woche. Für die Mitarbeiter im Hotel- und Gaststättengewerbe gehören lange Arbeitstage zum Berufsalltag. Die Branche hat Personalnot. "Ich könnte mir jetzt auch nicht mehr vorstellen, fünf Tage zu arbeiten", sagt Koch Justin. An die freie Zeit, die er mit seiner Freundin verbringt, hat er sich gewöhnt.
"Man kann Freunde treffen, seinen Hobbys nachgehen und hat trotzdem noch einen Tag, um zuhause den Haushalt zu machen", sagt Maryam Nazar. Für die Servicekraft sei das purer Luxus. Denn auch bei nur vier Tagen Arbeit, dauert ihre Schicht knapp zehn Stunden. Für das Hotel zahle sich das aus. Seit Einführung des neuen Modells gebe es keinen Fachkräftemangel mehr. Mehr als 90 Prozent arbeiten an vier Tagen in der Woche.
Arbeitnehmer wollen Vier-Tage-Woche
Viele Arbeitnehmer bevorzugen dieses neue Modell: Einer repräsentativen Umfrage der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zufolge 81 Prozent der Vollzeitbeschäftigten in Deutschland. Die Gründe sind ähnlich wie die der Hotelmitarbeiter aus Düsseldorf: mehr Zeit für Hobbys, Sport, die Familie und sich selbst.
Eine Vier-Tage-Woche kann ganz unterschiedlich sein. Feste Vorgaben gibt es nicht, aber Arbeitsgesetze müssen eingehalten werden, betont das arbeitgebernahe Institut für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa) in einem Positionspapier. Außerdem solle es Wahlfreiheit bei der Ausgestaltung geben. Denn je nach Betrieb sei es mehr oder weniger sinnvoll, wann der freie Tag genommen wird und ob jeder Arbeitnehmer selbst darüber entscheiden kann, oder nicht.
Mehr Bewerberinnen
Rosemarie Titzmann hat seitdem sie die Vier-Tage-Woche eingeführt hat schon 25 Bewerbungen auf ihre zwei Ausbildungsplätze bekommen. Im letzten Jahr hat sie trotz Werbung niemanden gefunden. Und auch die Kunden seien zufrieden. Nur zwei habe sie verloren, viel mehr sind neu dazu gekommen. "Wir haben kaum noch freie Termine", sagt Titzmann. Weil sie unter der Woche bis 20 Uhr öffnet, kommen mehr Berufstätige zu ihr, die sonst samstags gekommen sind.