Die rechtsextremen Kontakte des Dortmunder Bundestagsabgeordneten Matthias Helferich
04:59 Min.. Verfügbar bis 25.07.2025.
Die rechtsextremen Kontakte des Dortmunder Bundestagsabgeordneten Matthias Helferich
Stand: 25.07.2023, 18:00 Uhr
Seit 2021 sitzt Helferich für die AfD im Bundestag, dabei ist er schon mehrfach durch Kontakte zu Rechtsextremisten aufgefallen. Zuletzt saß er beim rechtsextremistischen "Institut für Staatspolitik" auf dem Podium.
Von Christof Voigt
Ein Bundestagsabgeordneter, der bei Rechtsextremen auftritt? Der im Bundestag eine Rede im T-Shirt einer Organisation hält, die seit Jahren im Verdacht steht rechtsextrem zu sein? Vor deren Wahlkreisbüro der Hitlergruß gezeigt wird? Den gibt’s und der heißt Matthias Helferich. Der Dortmunder sitzt seit 2021 für die AfD, wenn auch fraktionslos, im Deutschen Bundestag. Helferich hat schon in der Vergangenheit negative Schlagzeilen gemacht. Zum Beispiel, als bekannt wurde, dass er sich in Chats selbst als "freundliches Gesicht des NS", also des Nationalsozialismus, bezeichnet hat. Mittlerweile stellt er seine Nähe zum Rechtsextremismus immer offener zur Schau.
Zu Besuch bei Rechtsextremisten
Matthias Helferich bei einer Podiumsdiskussion in Schnellroda.
Anfang Juli sitzt Matthias Helferich auf einem Podium in Schnellroda. Einem Dorf in Sachsen-Anhalt. Gemeinsam mit anderen AfD-Politikern spricht er auf dem sogenannten "Sommerfest" des Instituts für Staatspolitik. Es geht um das Umfragehoch der Partei und eine mögliche Regierungsbeteiligung. Und Helferich macht Druck: "Da frage ich mich, ob wir so blauäugig sind zu glauben, dass wir einfach dieses System praktisch im Schlafwagen niederringen können." Das System "niederringen", eine Sprache, die in Schnellroda ankommt.
Erst Ende April hat das Bundesamt für Verfassungsschutz das Institut für Staatspolitik als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft. Die Positionen des Instituts für Staatspolitik seien nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Es bestünden "keine Zweifel mehr, dass diese Personenzusammenschlüsse verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgen" und dass das Institut für Staatspolitik "Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung" verfolge. Unter anderem heißt es in der Begründung des Bundesamtes für Verfassungsschutz: "Darüber hinaus behaupten die handelnden Akteure in einer die Menschenwürde verletzenden Weise eine drohende "Auflösung des deutschen Volkes" und einen angeblich stattfindenden "Bevölkerungsaustausch", auch "Großer Austausch", "Umvolkung" oder "Ersetzungsmigration" genannt."
Helferich ist Einschätzung des Verfassungsschutzes egal
Und was sagt Helferich zu seiner Teilnahme an einer Veranstaltung bei einer verfassungsfeindlichen und rechtsextremistischen Organisation? Schriftlich antwortet der Dortmunder zunächst, er sei Abgeordneter und dem gesamten deutschen Volk verpflichtet. Die Bewertungen des Verfassungsschutzes teile er nicht: "Für mich ist das BfV (Bundesamt für Verfassungsschutz, Anmerk. der Redaktion) ein Verdachtsfall des Extremismus der herrschenden Klasse."
Im Interview wird Helferich noch deutlicher: "Wenn sich Leute sich auf einer Podiumsdiskussion treffen, über die Zukunft der AfD sprechen, über die Zukunft von konservativer Politik, dann sollen sie rechtsextrem sein, obwohl sie das völlig friedlich tun, ohne jemandem zu schaden, ohne unsere Verfassungsgrundsätze anzugreifen, dann frage ich mich, was die Rolle dieses Verfassungsschutzes ist. Ich kann’s auch beantworten, es ist, uns zu diskreditieren und unseren Erfolgsweg zu behindern." Den Menschen sei es inzwischen auch egal, "wie sie beschimpft werden und eingestuft werden, ob als Nazis, ob als Verfassungsfeinde, ob als Rechtsextremisten."
Bundestagsrede im T-Shirt der "Jungen Alternative"
Helferich provoziert gerne, das gehöre zur Politik. Und er nutzt dafür auch die große Bühne des Deutschen Bundestages. Als er dort am 14.06.2023 zum Tagesordnungspunkt "70 Jahre Volksaufstand – SED-Unrecht" redet, zieht er Parallelen, die Opfer von damals seien vergebens, "wenn all jenes Aufbegehren, welches den Geist des 17. Juni atmet, sei es der Widerstand gegen das Corona-Regime oder die anhaltende Ersetzungsmigration, ungestraft, so wie damals als faschistisch abgetan wird."
Matthias Helferich bei einer Rede im Deutschen Bundestag.
Am Ende der Rede öffnet Matthias Helferich sein Sakko. Er trägt ein T-Shirt mit Logo der "Jungen Alternative", also der Jugendorganisation der AfD. Die steht seit Jahren im Verdacht, rechtsextremistisch zu sein. Ende April hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz die "Junge Alternative" bereits als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft, so wie das Institut für Staatspolitik in Schnellroda. Weil dagegen sowohl die AfD als auch die "Junge Alternative" klagen, äußert sich das Bundesamt für Verfassungsschutz dazu derzeit nicht. Eine Entscheidung des Kölner Verwaltungsgerichts steht aus.
Helferichs Einfluss in Nordrhein-Westfalen
Leroy Böthel von der Mobilen Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus im Regierungsbezirk Arnsberg beobachtet den Werdegang von Helferich und seine engen Kontakte zur "Jungen Alternative" seit Jahren. Helferich entspringe dem Milieu der Jugendorganisation: "Er hat dort lange Zeit Führungspositionen eingenommen und ist auch mit Hilfe der Jungen Alternative in der Partei weiter aufgestiegen, zum Landesvize und dann 2021 auch zum Bundestagsabgeordneten."
Man könne da durchaus von einem gewissen Machtbündnis sprechen: "Und das hat in NRW, im Landesverband NRW durchaus auch ein Gewicht. Wir sehen, dass im Landtag in NRW mittlerweile auch mehrere Aktive der Jungen Alternative sitzen, also auch in der AfD-Fraktion, deutlich mehr als in der Fraktion davor." Das sei ein Ergebnis des gestiegenen Einflusses in den vergangenen Jahren.
Hitlergruß vor Wahlkreisbüro von Helferich
Matthias Helferich ist selbst noch Mitglied bei der "Jungen Alternative". Er bestätigt uns auf Nachfrage, dass er die Jugendorganisation durch "Spenden und Lesungen" unterstützt, auch dass er Mitglieder der Jugendorganisation und der AfD beschäftige "sowie Parteilose". Sein Wahlkreisbüro in Dortmund-Dorstfeld stellt er der "Jungen Alternative" NRW als Landessitz zur Verfügung. Als die dort am 24.06.2023 ein sogenanntes "Russland-Ukraine-Symposium" veranstaltet, zeigt ein Teilnehmer anwesenden Fotografen den Hitlergruß. Die Fotografen werden angepöbelt, besonders aggressiv tritt ein Mann auf, der offenbar einen Teil des Caterings liefert. Er hat eine sogenannte Lebensrune auf dem Unterschenkel tätowiert, ein beliebtes Symbol bei Rechtsextremisten.
Auch Matthias Helferich war an diesem Tag dort, er sei aber erst nach dem Hitlergruß eingetroffen. Helferich bestätigt, dass der Mann, der den Gruß gezeigt habe, AfD-Mitglied war, aufgrund des Vorfalls sei er zum "Austritt bewegt" worden: "Ein derartiges Verhalten wird bei uns nicht geduldet. Ich persönlich habe der Person für meine Büroräumlichkeiten ein Hausverbot ausgesprochen." Jetzt ermittelt die Dortmunder Polizei gegen den Mann. Auch die war am 24.06. vor Ort, weil ihr Hinweise auf "eine mögliche Teilnahme rechtsextremistischer Personen an der Veranstaltung" vorlagen. Leroy Böthel, von der Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus, überrascht der Hitlergruß nicht wirklich: "Helferich hat sich ja selbst als freundliches Gesicht des Nationalsozialismus beschrieben. An der Stelle kann man sich dann vielleicht auch nicht wundern, dass sowas dann mal rausbricht."