"Das ist das größte Abenteuer aller Zeiten", sagt ein Mieter, als er mit Tüten bepackt das Haus betritt. Er darf schon rein, wohnt oben in der sechsten Etage vom Spervogelweg 28. Vor der Tür stehen die Mieter der fünten Etage und warten auf ihren Einlass. Darunter auch Waltraut Brüggemann. Sie ist aufgeregt, was sie in ihrer Wohnung erwartet.
Freude auf die eigenen vier Wände
"Ich freue mich schon in meiner eigenen Wohnung zu sein. Am meisten freue ich mich auf mein eigenes Bett. Erstmal muss ich aber sauber machen. Das ist wichtig", erzählt die Essenerin vor der Tür. Sie ist ohne Sachen gekommen, will erstmal putzen, bevor sie wieder ganz einzieht.
Ihre Nachbarin berichtet, dass sie in der Nacht kaum ein Auge zugemacht hat. Eine andere verdrückt sogar ein paar Tränen. "Ich komme mit einem lachenden und einem weinenden Auge wieder. Ich habe Kopfkino gehabt wie meine Wohnung nach all der Zeit wohl aussieht." Sie alle drei treffen vor der Tür zusammen, haben sich Monate nicht gesehen.
"Willkommen zurück!"
Eine Nachbarin von gegenüber sieht die Neuankömmlinge. "Willkommen zurück!" ruft sie mit ihrem Rollator in der Hand. Hier in den beiden einsturzgefährdeten Häusern wohnen viele ältere Menschen.
Auch Waltraud Brüggemann ist schon 80 Jahre alt. Sie ist für die letzten acht Monate bei ihrem Sohn Jörg und seiner Frau untergekommen.
Endlich rein
Dann gibt es das Startzeichen. Die Bewohner der fünften Etage dürfen rein. Es ist kalt im ganzen Haus. Mit dem Fahrstuhl geht es hoch. Dann betritt Waltraut Brüggemann zum ersten Mal seit Monaten wieder ihre eigenes Reich. Für sie ein überwältigendes Gefühl.
"Es hat mir lange gefehlt. Es ist ein schönes Gefühl, wenn man wieder in der eigenen Wohnung ist. Hier bin ich Zuhause", sagt sie und strahlt dabei bis über beide Ohren. Ihr Sohn und seine Frau begleiten sie, gucken, ob alles ok ist, stellen die Heizung an, suchen die Räume nach Schimmel oder anderen Dingen ab.
Legionellengefahr
Es ist alles ok. Lediglich der Balkon ist verdreckt. Der Rest der Wohnung sieht so aus, als wäre Waltraut Brüggemann nie weg gewesen. Wie nach einem langen Urlaub. Allerdings ist permanent das Geräusch von fließendem Wasser zu hören. Denn nach der langen Zeit soll das erstmal heiß durchlaufen - wegen Legionellengefahr.
Mieter trudeln nach und nach ein
Unten vor der Tür wartet bereits die vierte Etage auf den Einlass. Alle aus Nummer 28 dürfen am Montag nach und nach rein. Einen Tag später ist die Hausnummer 26 dran. Allerdings ist noch nicht wieder Normalität eingekehrt. Manche Keller können nicht mehr benutzt werden, da dort Stahlträger zur Stablilisierung des Gebäudes eingesetzt wurden.
Auch hinterm Haus ist deswegen noch eine große Baustelle. Die wird auch noch mehrere Wochen lang bestehen. Es könnte für die Mieter noch etwas staubig werden. Trotzdem sind viele glücklich, endlich wieder Zuhause zu sein. So wie Waltraut Brüggemann. Sie will am Wochenende dann wieder ganz einziehen.
Tränen und Aufregung: Essener Mieter dürfen nach acht Monaten zurück. WDR Studios NRW. 24.02.2025. 00:39 Min.. Verfügbar bis 24.02.2027. WDR Online.
Unsere Quellen:
- WDR-Reporterin vor Ort