Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will den Ausbau der Windkraft in Deutschland deutlich vorantreiben. "Gerade erstellen wir einen Fahrplan, was bis wann an neuen Anlagen gebaut sein muss, damit wir unsere Ziele für 2030 erreichen", sagte er der "Bild am Sonntag".
Mehr Fläche für den Windkraft-Ausbau
Am 01. Februar ist das "Wind-an-Land-Gesetz" in Kraft getreten, mit dem die Bundesregierung den Ausbau der Windenergie in Deutschland schneller voranbringen will. Mit dem Gesetz werden den Ländern Flächenziele für den Ausbau vorgegeben. Denn zu wenig verfügbare Flächen sind laut Regierung bisher eine Hürde für den Ausbau. Die Bundesländer dürfen weiterhin über Mindestabstände entscheiden. Wenn sie ihr Flächenziel nicht erreichen, treten die landesspezifischen Abstandsregeln aber außer Kraft.
Die 1.000-Meter-Abstandsregel zwischen Windanlagen und Wohngebieten soll in NRW ohnehin außer Kraft gesetzt werden. Die schwarz-grüne Landesregierung will die pauschale Regelung abschaffen. Ende 2022 wurde ein Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) betonte aber im Januar, dass Bürger nicht einfach ein Windrad vor die Tür gesetzt bekommen würden. Stattdessen würden zum Beispiel verstärkt vom Borkenkäfer geschädigte Waldflächen für den Ausbau genutzt.
NRW ist laut Bundesgesetz verpflichtet, 1,8 Prozent der Landesfläche bis Ende 2032 als Windenergiebereiche auszuweisen.
Scholz: Jeden Tag vier bis fünf Windräder
Was nicht pünktlich im Ausbau geschafft werde, "muss aufgeholt werden", so Scholz im Interview weiter. "Bis 2030 werden das an Land im Schnitt vier bis fünf Windräder jeden Tag sein."
Damit hat Scholz die Pläne innerhalb weniger Wochen offenbar ambitionierter gefasst. Mitte Januar hatte er im Interview mit der Zeitung "taz" noch gesagt, das "Ziel muss sein, bald jeden Tag drei bis vier große Windkraftanlagen in Deutschland aufzustellen".
Das scheint allerdings noch ein weiter Weg: 2022 ist in Deutschland rechnerisch nur ungefähr ein Windrad pro Tag neu aufgestellt worden. In Bayern waren es 14 Stück im ganzen Jahr.
Wie steht es um den Windkraft-Ausbau in NRW?
NRW ist vergangenes Jahr zumindest den eigenen Ausbau-Zielen hinterher gehinkt. 2022 sind 98 Windräder in Betrieb gegangen. CDU und Grüne hatten nach der Regierungsübernahme im Mai verkündet, bis Ende der Legislaturperiode mindestens 1.000 neue Windräder aufstellen zu wollen. Das entspricht durchschnittlich 200 Anlagen im Jahr - die doppelte Menge dessen, was 2022 realisiert wurde.
Laut Koalitionsvertrag von CDU und Grünen war für den beschleunigten Ausbau in NRW eigentlich auch vorgesehen, dass die Bezirksregierungen künftig Windräder genehmigen. Nach WDR-Informationen haben sich diese Pläne geändert. Städte und Kreise in Nordrhein-Westfalen sollen weiterhin für die Genehmigung von Windrädern zuständig sein.
Die Begründung: Die nötigen Umstrukturierungen wären zu aufwendig. Stattdessen sollen die fünf Bezirksregierungen die Städte und Kreise bei Verfahren und Abläufen rund um die Windenergie in Zukunft intensiver unterstützen.
Die Energiewirtschaft klagt bislang über zu komplizierte Genehmigungsverfahren. Im Schnitt dauere es sieben Jahre, bis ein neues Windrad in Betrieb gehen kann.
Ziele in Deutschland
In Deutschland gibt es nach Branchenangaben derzeit mehr als 28.000 Windräder an Land mit einer Gesamtleistung von rund 58 Gigawatt. Ziel der Bundesregierung ist eine installierte Leistung von 115 Gigawatt bis 2030. Die Windkraft an Land spielt eine Schlüsselrolle bei der Energiewende, dem Ersatz fossiler Energien wie der Kohle durch erneuerbare Energien aus Wind und Sonne.
Die Bundesregierung hatte im Januar angekündigt, dass sie auch die Windkraft im Meer bis 2030 vervierfachen will - von derzeit 8 Gigawatt auf 30. Die neuen Windräder sollen vor allem nördlich von Borkum in der Nordsee gebaut werden, aber auch in der Ostsee nord-östlich von Rügen. Die möglichen Bauflächen gelten als begrenzt, da die Seegebiete auch für Schifffahrt und Vogelschutz wichtig sind.
Scholz für nächsten Winter zuversichtlich
Angesichts des Krieges in der Ukraine, der Inflation und der Energiekrise sagte Scholz: "Unser Land ist deutlich besser durch diese schwierige Zeit gekommen, als viele befürchtet haben." Er erinnerte an die Befürchtungen, die zu lesen gewesen seien - etwa von einem "Wutwinter mit Massenprotesten" und von kalten Wohnungen und frierenden Menschen in Deutschland. "All das ist nicht eingetreten." Wenn nichts Unvorhergesehenes passiere, sei er auch mit Blick auf den nächsten Winter zuversichtlich, sagte der Kanzler.