Keine Masken, keine Reisebeschränkungen, auch keine Impfungen: Die Menschen, die am Samstag (01.08.2020) in Berlin zu Tausenden auf die Straße gingen, hatten ein klares Ziel vor Augen: "Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Freiheit klaut", skandierten sie und riefen das "Ende der Pandemie" aus. Genauer: eine Abkehr von der offiziellen Corona-Strategie, von der sie sich eingeschränkt fühlen.
Politiker wollen keine Abkehr von Corona-Strategie
Die Politiker machten aber nach der Demo schnell klar, dass sie sich von den Forderungen nicht umstimmen lassen, und gingen mit den Demonstranten hart ins Gericht. "Zynisch und verantwortunglos" sei ihr Verhalten, kritisierte zum Beispiel Manne Lucha, grüner Sozialminister von Baden-Württemberg. Viele Menschen seien im Umgang mit dem Virus leichtsinniger geworden, merkte auch der bayrische Ministerpräsident Markus Söder in der "Bild am Sonntag" kritisch an. Aber: "Wir müssen damit rechnen, dass Corona mit voller Wucht wieder auf uns zukommt", deswegen sei absolute Wachsamkeit gefragt.
Noch einen Schritt weiter ging SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach im WDR-Fernsehen: Appelle reichten offensichtlich aus, deswegen müsste rücksichtsloses Verhalten bestraft werden. "Wenn alles so bleibt, wie es ist, sind wir in sechs Wochen im roten Bereich", sagte Lauterbach in der Aktuellen Stunde.
Verschwörungsgläubige, Esoteriker und "Corona-Rebellen"
An der Demo nahmen laut Veranstalter 1,3 Millionen Menschen teil - die Berliner Polizei zählte allerdings nur rund 17.000 Teilnehmer und 20.000 bei der Abschlusskundgebung. Letztere wurde wegen massiven Verstößen gegen die Corona-Regeln von der Polizei vorzeitig aufgelöst.
Die Schar der Teilnehmer der Demo war buntgemischt: Unter ihnen waren Menschen, die an eine Verschwörung von Bill Gates oder der Pharmaindustrie glauben, die um ihre Grundrechte fürchten. In ihren Augen sind alle, die die Einschränkungen akzeptieren, Schafe, die endlich aufwachen sollten. Daneben die Teilnehmer aus dem rechten Spektrum: Nazi-Kameradschaften aus dem Ruhrgebiet, "Corona-Rebellen" aus Düsseldorf und Organisationen von Pegida bis AfD.
Sundermeyer: Teilnehmer wohl "nicht mehr zu erreichen"
Für den RBB-Journalisten und Szenekenner Olaf Sundermeyer haben sich große Teile der Demonstranten vom demokratischen Diskurs längst verabschiedet. Sie seien auch mit guten Argumente nicht mehr zu erreichen, weil sie "Corona insgesamt infrage stellen", sagte er im Interview mit der "Aktuellen Stunde". Damit verbunden sei die Befürchtung, dass die Bundesregierung letztlich eine "Corona-Diktatur" etablieren und die Grundrechte der Bürger dauerhaft außer Kraft setzen wolle.
Ganz unbeeindruckt werde die Politik sicher nicht von der Großdemo in Berlin sein, vermutet Sundermeyer. "Aber die Politik wäre schlecht beraten, sich von dieser kleinen radikalen Minderheit treiben zu lassen."
Antwittern gegen die #Covidioten auf der #Deppenparade
Dagegen stellen sich Gruppierungen, die versuchen, den Corona-Leugnern und Rechtsextremen Kontra zu geben, in Berlin etwa die "Oma gegen Rechts" und das "Berliner Bündnis gegen Rechts". Und da sind die Vielen, die den Aufmarsch an diesem Tag vom heimischen Rechner aus beobachten. Zum Beispiel der Kolumnist Alf Frommer, der ein Foto von einem Protest-Plakat auf Twitter zeigt und schreibt: "Wir sind die 2. Welle" - die #Covidioten laufen gerade an mir vorbei. Keine Abstände, keine Masken."