Eigentlich wirkt NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) immer so, als könne ihn nicht viel aus der Ruhe bringen. Beim Thema Corona-Impfungen aber habe er "Manschetten", sagte Laumann kürzlich. Nicht wegen des Impfstoffs, sondern wegen der logistischen Mammutaufgabe, die damit einhergeht. Am Freitag erklärte Laumann im WDR-Interview genauer, wie das Ganze ablaufen könnte.
53 Impfzentren sind bislang in NRW geplant. Jedes wird über mehrere "Impfstraßen" verfügen. Für jede Impfstraße rechnet das Planungspapier des Gesundheitsministeriums mit 20 Impfungen pro Stunde im 12-Stunden-Betrieb. Impfungen wie am Fließband sollen hier möglich sein.
Corona-Impfungen sind logistische Mammutaufgabe
Unter Hochdruck suchten die Kommunen derzeit geeignete Gebäude, sagte Laumann: Platz genug muss drinnen sein, draußen muss es auch ausreichend Parkplätze geben.
Die größte Herausforderung werde die logistische Organisation sein, so Laumann: Nachdem der Impfstoff auf minus 70 Grad gekühlt geliefert wurde, muss er auftauen - unter sterilen Bedingungen. Er wird dann mit einer speziellen Lösung versetzt und kann anschließend in kleine Impfportionen abgefüllt werden. Danach, so Laumann, sei das Gemisch einige Zeit auch bei Kühlschranktemperatur haltbar.
Apotheken übernehmen Aufbereitung
Rund 100 Apotheken im Land seien bereits gefunden, die eigene Labore haben und eventuell auch die Aufbereitung des Impfstoffs stemmen könnten, sagte Laumann. Und er hoffe, dass von dort aus die Wege zu den Pflegeheimen, wo die erstem Impfkandidaten "aufgesucht" werden sollen, relativ kurz sind.
Doch auch hier, gibt der Minister zu Bedenken, seien noch viele Fragen offen: Wird der erste Impfstoff überhaupt für Alte und Kranke geeignet sein? Wird er tatsächlich so aufzubereiten sein, dass Ärzte ihn in der Tasche ins Pflegeheim tragen können? Wird drei bis vier Wochen später auch wirklich der selbe Impfstoff nochmal in der selben Menge für die zweite Impfdosis bereit stehen? "Sonst ist die erste Impfung wirkungslos", so Laumann.
Über die Kassenärztlichen Vereinigungen soll eine bundesweit einheitlichen Telefonnummer erstellt werden, unter der man Information zum Ablauf bekommen kann. "In jeder Hinsicht ist das eine gewaltige Aufgabe", räumte Laumann ein: Von der Terminvergabe über den Transport des Impfstoffes bis hin zu Aufklärungskampagnen, die das Vertrauen der Menschen in die Impfungen stärken soll. In seinen 30 Jahren politischer Aktivitäten, stellte er dann fest, sei das "schon die größte Nummer, die ich da vor mir habe".
Papier nennt Zeitplan: wann wird wer geimpt?
Am Donnerstag war ein Papier des NRW-Gesundheitsministeriums zur Corona-Impfplanung herausgekommen, das dem WDR vorliegt. Daraus geht hervor, in welcher Reihenfolge geimpft werden soll. Klar ist demnach: Eine Impfung wird für die breite Masse der Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen voraussichtlich erst ab Mitte 2021 beginnen.
Das Papier geht von drei verschiedenen Impfphasen aus.
Impfungen von Alten und Pflegebedürftigen geht vor
In der "Frühphase" und der "erweiterten Frühphase" werden zunächst Alte, Pflegebedürftige und Kranke geimpft. Dann das medizinische Personal und Menschen, die der so genannten "kritischen Infrastruktur" zugerechnet werden, also zum Beispiel Polizisten und Feuerwehrleute. Die Dauer beider Phasen erstreckt sich zusammengenommen von Dezember 2020 bis Juli 2021, wie das Ministerium schätzt.
Der Hintergrund: Allein in den Pflegeheimen sowie Krankenhäusern in NRW leben oder arbeiten über 900.000 Menschen. Dazu kommen rund zwei Millionen alte Menschen über 75 Jahre. Und: Um zu wirken, muss der Impfstoff bei jedem Menschen zweimal verabreicht werden, im Abstand von etwa drei bis vier Wochen.
In der dritten Phase der Massenimpfung rechnet das Gesundheitsministerium mit einer größeren Menge Impfstoff, die zur Verfügung steht. Dann soll das Impfgeschehen "auf die Bevölkerung" ausgedehnt werden, wobei ein Schwerpunkt der Impfungen auf den "Regelversorgungsstrukturen" liegen soll. Damit sind vor allem Hausarztpraxen und Betriebsärzte gemeint. Diese dritte Phase ist grob mit "Mitte 2021" anberaumt. In der breiten Masse, bei Menschen ohne besondere Gefährdung, wird eine Impfung daher wohl kaum vor Juli/August 2021 ankommen.