Online-Handel und Corona: Paketflut zu Weihnachten
Stand: 04.12.2020, 06:00 Uhr
In der Corona-Krise boomt der Online-Handel. Zur Vorweihnachtszeit erwarten Logistikunternehmen viel Arbeit, Umweltschützer tonnenweise Verpackungsmüll. Ein Besuch bei DHL Express am Flughafen Köln/Bonn.
Von Jörn Kießler
Die erste Frachtmaschine ist an diesem Abend noch nicht gelandet, trotzdem ist schon viel los im sogenannten Air Hub des Logistikunternehmens am Flughafen Köln/Bonn. Während ein Teil der Mitarbeiter Pakete und Päckchen auf Fließbänder legt, laden andere mit Gabelstaplern Paletten von Lastwagen ab.
Leere Container werden an die Stellen geschoben, an denen die Sortieranlage gleich die Sendungen für den nächsten Frachtflieger ausspuckt. Sobald um 21.56 Uhr die erste Maschine des Abends aus Budapest gelandet ist, muss es schnell gehen. Denn die Boeing 752 wird voraussichtlich voller sein als gewöhnlich. Das Weihnachtsgeschäft hat begonnen.
Online-Handel rechnet mit Umsatzplus
Der Trend, Geschenke online zu bestellen, hat sich durch die Corona-Pandemie noch verstärkt. Der Handelsverband Deutschland geht davon aus, dass der Online-Handel im November und Dezember dieses Jahres ein Drittel mehr Umsatz machen wird als im Weihnachtsgeschäft 2019. Das macht sich vor allem im Logistikbereich bemerkbar.
"Wir hatten neulich eine Nacht, da haben wir 70.000 Sendungen verarbeitet", sagt Detlef Schmitz, Leiter des DHL Express Logistikzentrums. "Unter normalen Bedingungen reden wir in der Vorweihnachtszeit von vielleicht 50.000 pro Nacht." Allein im Dezember rechnet er mit 1,1 Millionen Sendungen. Zum Vergleich: Im Dezember 2019 waren es 757.000.
Passagiermaschinen fallen für Frachtverkehr aus
Von den tausenden Paketen, die dort jede Nacht ankommen, landet ein Großteil gar nicht bei deutschen Kunden. "Unser Hauptgeschäft hier ist es, Fracht aus einem Flieger auf andere Flieger zu verteilen", erklärt Schmitz. "Wenn beispielsweise jemand aus Oslo ein Smartphone bestellt, das in Asien produziert wird, wird es hier auf ein Flugzeug in Richtung Skandinavien umgeladen."
Gerade für solche Fracht müssen Logistikunternehmen teilweise zusätzliche Flugzeuge einsetzen. "Etwa die Hälfte des weltweiten Frachtumschlages wird normalerweise in den Frachträumen von Passagiermaschinen mittransportiert", sagt Alexander Weise vom Flughafen Köln/Bonn. Seitdem der Passagierflugverkehr durch die Corona-Pandemie eingebrochen ist, gebe es diese Möglichkeit jedoch kaum noch.
CO2-Ausstoß nicht gestiegen
Doch der boomende Online-Handel hat auch Schattenseiten. Einerseits fehlen den Geschäften in den Innenstädten die Kunden. Und andererseits wird die Umwelt belastet.
Immerhin, der Ausstoß von CO2 sei durch den Transport von tausenden zusätzlichen Paketen in der Corona-Pandemie nicht gestiegen, sagt die Deutsche Umwelthilfe (DUH). "Da sind die Einsparungen durch den eingebrochenen Individualverkehr größer", sagt Thomas Fischer, der sich bei der DHU mit dem Thema Kreislaufwirtschaft beschäftigt.
Problematisch sei der gestiegene Frachtverkehr trotzdem. "Seit dem Beginn der Pandemie werden immer mehr Dinge des täglichen Bedarfs online bestellt, die sonst im Geschäft um die Ecke gekauft werden", so Fischer. Und dort komme man gewöhnlich zu Fuß, mit dem Rad oder öffentlichen Verkehrsmitteln hin.
Online-Handel produziert Verpackungsmüll
Viel gravierender sei jedoch der anfallende Verpackungsmüll. "Vor allem der kostenlose Versand und Rückversand sorgen dafür, dass die Menge an Papier, Pappe und Karton durch die Decke geht", sagt Fischer.
Ein Grund dafür ist auch, dass die Kartons laut Fischer im Schnitt zu zwei Dritteln mit Luft oder Füllmaterial gefüllt sind. "Viel zu häufig werden von Versandhändlern Einheitsverpackungen genutzt, sodass Verpackungs- und Produktgröße oft nicht zusammenpassen", sagt Fischer.
"Für Händler ist es so einfacher, aber schlecht für die Umwelt." Zudem seien einheitliche Pakete leichter zu transportieren.
Das wird auch im Air Hub von DHL deutlich, wo gerade mehrere Dutzend Pakete von einem Online-Versandhandel verladen werden. Schon lange bevor der Flieger gelandet ist, der sie mitnehmen soll, sind die Pappkisten akkurat bis unter die Decke des Containers gestapelt.
Ein Zeitgewinn, den die Mitarbeiter gerne mitnehmen. Auf sie warten diese Nacht noch Dutzende andere Container, die gepackt werden müssen.