Vor der Corona-Pandemie stand ihre Arbeit nur selten im Fokus der Öffentlichkeit – nun dankte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Mitarbeitern der deutschen Gesundheitsämter für ihren Einsatz. Was die Beschäftigten Tag für Tag leisteten, sei "ungewöhnlich", erklärte Merkel am Dienstag bei einer Videokonferenz mit Vertretern von Gesundheitsämtern mehrerer deutscher Großstädte.
Michael Dörr hört solches Lob gern. "Wir haben im Zwei-Schicht-Betrieb gearbeitet, täglich von 7 bis 22 Uhr", erklärt der Leiter des Gesundheitsamts im Rhein-Kreis Neuss. Er und sein Team haben Kontakte von Infizierten recherchiert, Bürger beraten, Tests angeordnet.
Vier Milliarden gegen prekäre Arbeitsbedingungen
Dass Bund und Länder nun vier Milliarden Euro investieren, um die Ämter besser auszustatten und bis Ende kommenden Jahres 5.000 neue Stellen schaffen wollen, findet Dörr gut. Verstärkung könnte auch er gut gebrauchen. Er weiß aber auch - es wird nicht leicht diese Stellen zu besetzen.
"Es ist sehr schwierig, jemanden für das Gesundheitsamt zu gewinnen. Insbesondere gilt das für die medizinische Profession", erklärt Dörr. Fachärzte strebten in aller Regel eine Anstellung in der Klinik oder eine eigene Praxis an – aus finanziellen Gründen.
Er selbst sucht bereits seit geraumer Zeit eine medizinische Fachangestellte und zwei Ärzte. Das Problem: Amtsärzte haben einen anderen Tarifvertrag als Ärzte in kommunalen Krankenhäusern, sie verdienen bis zu 1.500 Euro weniger im Monat.
Amtsärzte fordern feste Zusagen
Mit dem neuen "Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst" sollen auch finanzielle Anreize für Ärzte kommen, die in den Staatsdienst gehen. Ute Teichert vom Bundesverbande der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD) ist noch skeptisch : "Es nützt nichts, wenn das nur aufgeschrieben ist, aber keine Taten folgen."
Auch für das Gesundheitsamt in Neuss wird sich wohl so schnell nichts an den langen und stressigen Arbeitstagen ändern. Bis Verstärkung komme, helfe nur "Improvisationstalent", meint Dörr.