Ärger mit Papierakten, keine guten Ideen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf – eine Staatsanwältin aus NRW kommt zu einem deutlichen Schluss. Sie sehe schlicht "keine Chance für sinnvolles Arbeiten im Homeoffice", schreibt die Juristin, die anonym bleiben will, dem WDR.
Einerseits empfiehlt die Politik den Betrieben, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wann immer möglich zuhause arbeiten zu lassen – andererseits sind etwa die Justizbehörden in NRW kein gutes Vorbild. Das bestätigen zwei interne Briefe des Hauptstaatsanwaltsrats. Darin hat sich die Vertretung der Staatsanwälte an Justizminister Peter Biesenbach (CDU) gewandt. Die Briefe liegen dem WDR exklusiv vor. Die "bloße Einrichtung eines Internetzugangs" bei den Betroffenen genüge nicht, heißt es in einem Schreiben.
Interner Brief warnt vor passivem Widerstand
Die Ausstattung fürs Homeoffice sei so schlecht, dass der Rat einen "Akt des passiven Widerstandes" befürchtet, wenn nicht bald Vereinbarkeit von Kinderbetreuung und Beruf geschaffen werde. Gemeint ist wohl, dass sich Kolleginnen und Kollegen für die Kinderbetreuung krankmelden könnten.
Eine Verbesserung könnte die elektronische Akte bringen. Diese gibt es bislang bei einigen Gerichten, und sie soll bald bei weiteren eingeführt werden. Dann müssten wenigstens die Akten nicht mehr beschwerlich von Büro zu Büro getragen werden. Der Haken: Die E-Akte gibt es vorerst nur bei Zivilsachen. Im Strafbereich dauert es noch, bis umgestellt wird.
Beamtenbund fordert klare Regeln
Immerhin: Andere Behörden, auch in den Kommunen, stellen kurzfristig auf mobiles Arbeiten um: Beschäftigte können, wo möglich, per Laptop oder Diensthandy von zu Hause arbeiten.
Doch es fehlten klare Regeln fürs Homeoffice, moniert der Beamtenbund. Es gebe aber keine Vorgaben zum Arbeits- und Datenschutz. "Es fehlt ein ganzheitliches Konzept", sagt Roland Staude, Vorsitzender des Beamtenbundes NRW. Außerdem sei die technische Ausstattung je nach Kommunen unterschiedlich.
Justizministerium weist Kritik zurück
Für die aktuelle Situation in den Staatsanwaltschaften fordert der Hauptstaatsanwaltsrat einen Notbetrieb, um das Personal zu entzerren. Die Gewerkschaft DJG will außerdem klare Vorgaben des Ministeriums, wie der Corona-Schutz umzusetzen sei. Noch gebe es dabei einen Flickenteppich.
Das Justizministerium weist die Kritik auf WDR-Anfrage zurück. Es unterstütze die Behörden finanziell bei den Schutzmaßnahmen gegen Corona. Außerdem sei derzeit wegen der hohen Nachfrage auf dem Markt keine weitere IT-Ausstattung zu beschaffen. Zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie verweist das Ministerium die Beamten auf die Notbetreuung in Kitas und Schulen. Wenn es die nicht gebe, könnten sie bezahlten Sonderurlaub beantragen.