Es ist ein Desaster, das sich in dieser Woche abgespielt hat. Ja, es gab immer Unterschiede zwischen dem, was die Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten vereinbart auf der einen Seite. Und dem, was die Bundesländer daraus konkret machen auf der anderen Seite.
Aber noch nie war die Kluft so groß zwischen dem, was die NRW-Landesregierung ankündigt – und dem, was sie dann beschließt.
Noch am Dienstag hatte Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) gesagt, die Beschlüsse zwischen Bund und Ländern würden eins zu eins umgesetzt. Das ist nicht geschehen. Nur ein Beispiel: Die Bewegungseinschränkung auf einen Radius von 15 Kilometern in den Corona-Hotspots fehlt in der NRW-Schutzverordnung.
Wohnungen bleiben unangetastet - anders als Laschet behauptete
Am gleichen Tag sagte Laschet noch, die strengeren Kontaktbeschränkungen würden erstmals in NRW auch für die private Wohnung gelten. Das hätte bedeutet: Auch zu Hause darf man maximal eine Person treffen, die nicht aus dem eigenen Haushalt ist. Jetzt wissen wir: Das ist nicht der Fall.
In die Wohnung kann sich auch ab Montag jeder in NRW so viele Menschen einladen, wie er will. Er darf nur keine Party feiern. Die ist verboten. Aber was als Party zählt, ist nicht definiert. Wer wiederholt so unentschlossene Regeln aufstellt, der hat jeden politischen Mut verloren.
Und wenn die Landesregierung öffentlich behauptet, es gebe eine Regel für die Wohnungen, die es in Wahrheit nicht gibt – dann darf man sich als Wähler schon mal belogen fühlen.
Landesregierung muss endlich klar kommunizieren
Bitte nicht falsch verstehen: Ich will nicht pauschal auf immer mehr und immer strengere Einschränkungen hinaus. Ich will, dass die Landesregierung klar und deutlich kommuniziert, wie die Regeln in NRW sind. Und daran ist sie in dieser Woche krachend gescheitert.
Doch nicht nur die Kommunikation ist unklar – die Maßnahmen der Landesregierung sind es auch.
Im Frühjahr hatte sie schon einmal die Kitas zu gemacht. Damals hatte die Landesregierung definiert, welche Beschäftigten systemrelevant sind – und nur denen dann eine Notbetreuung in den Kitas garantiert, damit die Eltern weiter zur Arbeit können. Das war richtig blöd für alle, die nicht zu den Systemrelevanten gezählt haben. Aber: Es war eine klare Regel.
Doch jetzt hat Familienminister Joachim Stamp von der FDP den „eingeschränkten Pandemiebetrieb“ erfunden. Die Kitas sind zwar auf, aber mit weniger Betreuungsstunden – und am besten sollten die Eltern ihre Kinder ganz zu Hause lassen, das betont Stamp immer wieder.
Diese Pseudo-Regel wälzt das Problem komplett auf die Eltern ab. Denn deren Arbeitgeber können jetzt auf offene Kitas verweisen und so verlangen, dass die Angestellten in den Betrieb kommen. Hier wäre eine klare Regel so wichtig gewesen – aber es gibt nur verzagtes Wischiwaschi.
Katastrophe für Akzeptanz der Maßnahmen
Zusammengefasst: Die Ausgestaltung der Maßnahmen ist zum Teil fahrlässig. Die Kommunikation ist eine Blamage. Beides zusammen ist eine Katastrophe für die Akzeptanz der Anti-Corona-Maßnahmen. Und es gefährdet das Vertrauen in die Weitsicht und die Handlungsfähigkeit der Landesregierung.