Die Oppositionsfraktionen SPD und Grüne haben die Corona-Krisenpolitik der Landesregierung kritisiert. NRW habe "Schlupflöcher" in die Vereinbarungen von Bund und Ländern "hineingebastelt", sagte SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty am Dienstag in Düsseldorf bei einer Sondersitzung des Landtags.
Es sei in NRW nicht alles "eins zu eins" umgesetzt worden - entgegen den öffentlichen Zusagen von Ministerpräsident Armin Laschet (CDU), so Kutschatys Kritik. Laschet wies die Vorwürfe als "aufgeblasen" und der ernsten Sache nicht angemessen zurück. Der Ministerpräsident rief erneut zur Einhaltung der Corona-Regeln auf. Ab dem 17. Januar könne man abschätzen, wie der "Lockdown" wirke.
Die wichtigsten Streitpunkte in der Plenardebatte:
15-Kilometer-Regel
Die Landesregierung habe hier "Chaos" angerichtet mit widersprüchlichen Aussagen der Kabinettsmitglieder, sagte Kutschaty. Erst mit Verzögerung habe das Land eine "Regionalverordnung" vorgelegt, die aber die 15-Kilometer-Regel nicht für alle Kommunen mit hohen Inzidenzzahlen einführe. Keiner wisse mehr, was man in seinem Kreis und seiner Kommune machen könne, so der SPD-Politiker.
Laschet hingegen verteidigte die neue Verordnung. Es liege im Ermessen der Kommunen, ob die Regel gilt. Dass drei SPD-regierte Großstädte dabei nicht mitmachen, wolle er nicht kritisieren, so Laschet. Sie hätten das Recht, es anders zu machen. Grünen-Fraktionschefin Verena Schäffer sagte, die Landesregierung habe der Bevölkerung die neue Verordnung über Nacht vor die Füße gekippt. Das sei "Kommunikationschaos". Kritik an der 15-km-Regel kam auch von der AfD.
Kontaktbeschränkungen
Es sei "gefährlich" und "realitätsfern", so Kutschaty, dass NRW die neue Regel (Ein Hausstand darf nur eine weitere Person treffen) nur für den öffentlichen Raum beschlossen habe, sagte Kutschaty weiter. Für den privaten Bereich sei eben bisher nicht geregelt worden, dass Treffen von mehreren Personen abends zum Bier untersagt sind.
Redner der Koalition verteidigten die Corona-Schutzverordnung. In anderen Bundesländern "geht auch keine Polizei in die Wohnungen", sagte Laschet. CDU-Fraktionschef Bodo Löttgen nannte es unverantwortlich, dass ein ehemaliger Justizminister wie Kutschaty die Unverletztlichkeit der Wohnung in Frage stelle.
Arbeitsleben
Es sei absurd, dass Kinder sich nur mit einem Freund zum Spielen treffen dürfen, während ihre Eltern im vollen Regionalexpress quer durch NRW fahren, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Schäffer. Noch immer würden viel zu viele Arbeitgeber ihren Beschäftigten verweigern, von zuhause zu arbeiten. Das Land solle mit gutem Beispiel vorangehen und eine flächendeckende Homeoffice-Regelung in der Verwaltung einführen.
Schulen und Corona
Bei Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) herrsche nur noch "das Prinzip Hoffnung", sagte Schäffer. Die Ministerin habe ihr Versprechen, ab Februar könne man wieder zum Präsenzunterricht zurückkehren, bereits korrigieren müssen. NRW brauche jetzt einen Plan für ein "Kurzschuljahr". Man wolle die zugesagte Bildungs- und Betreuungsgarantie bis Ende des Schuljahres einhalten, sagte Vize-Ministerpräsident Joachim Stamp (FDP) und verteidigte das Krisenmanagement von Ministerin Gebauer.
Sanofi-Mitarbeiter in der Staatskanzlei
Ebenfalls zur Sprache kam im Parlament ein "WAZ"-Bericht, wonach die NRW-Staatskanzlei in ihrem "Krisenkoordinationsrat Corona" seit der vergangenen Woche den Chef-Lobbyisten des französischen Pharmakonzerns Sanofi beschäftigt. Kutschaty sprach von "Lobbyismus" und forderte Aufklärung von der Landesregierung. Laschet sagte dazu in seiner Rede nichts.