Auch wenn die Luftfilter das Lüften nicht ersetzen können - als Ergänzung sind sie nach Expertenmeinung durchaus sinnvoll. Sie werden von Gewerkschaften, Verbänden, Lehrkräften, Eltern und zahlreichen Abgeordneten im NRW-Landtag in weitaus größerer Zahl gefordert, als sie aktuell vorhanden sind.
NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU), die auch für die Kommunen zuständig ist, hat am Mittwoch in Düsseldorf über den aktuellen Stand der Förderung informiert.
Wer steht auf der Förderbremse?
Mitte Juli hatten sich Bund und Länder auf eine gemeinsame Förderung von Luftreinigern geeinigt. In NRW stünden 90,4 Millionen Euro bereit: 48,2 Millionen aus dem NRW-Rettungsschirm und 42,2 Millionen aus Bundesmitteln. Verwendet werden kann das Geld für einfache bauliche Maßnahmen sowie für die Anschaffung von Geräten in Schulen und Kitas - also überall dort, wo unter 12-Jährige sind, die nicht geimpft werden können. Doch aus Berlin fehle noch die entscheidende Verwaltungsvorlage. "Wir wären unterschriftsreif", betonte Scharrenbach.
Nach ihrer Darstellung wird das zuständige Bundeswirtschaftsministerium von Peter Altmaier (CDU) durch einige Länder ausgebremst, andere hingegen sehen das Versäumnis eher beim Bund. Erschwerend kam hinzu, dass nötige Standards für die Geräte zuerst noch erstellt werden mussten, was wiederum zu einer Änderung der Verwaltungsvorlage des Bundes führte.
Jetzt auch Kitas förderfähig
Neu ist bei dem gemeinsamen Förderprogramm von Bund und Ländern, dass auch Kitas einbezogen werden. Das war beim ersten vom Land aufgelegten Förderprogramm aus dem Oktober 2020 nicht der Fall. Das Programm im Umfang von 50 Millionen Euro bezog sich nur auf Schulen.
Der Vorsitzende des Städtetags NRW, Pit Clausen (SPD), warnte davor, die Bedeutung von Lüftungsanlagen - er nannte sie "Hilfskrücken" - überzubewerten. Er sieht bei den Kommunen immer noch Aufklärungsbedarf über die Möglichkeiten aber auch Grenzen der Geräte: "Das Öffnen des Fensters ist vorrangig."
Klare Ansage vom Umweltbundesamt
In den letzten Wochen und Monaten hatte es immer wieder unterschiedliche Lesarten der Empfehlungen zu Luftreinigern seitens des Umweltbundesamts gegeben. Darum war es wohl wichtig, dass Ina Scharrenbach gemeinsam mit Heinz-Jörn Moriske vom UBA informierte. Er stellte unmissverständlich klar: "Luftreiniger können helfen, wo nicht ausreichend gelüftet werden kann, die Virenlast zu minimieren." Bundesweit könnten zwischen 15 und 25 Prozent der Klassenräume nicht ausreichend belüftet werden, so Moriske.
Dann ging der UBA-Ingenieur in die Geräte-Details, die inzwischen auch vielen Eltern vertraut sind: Hepa-Filter und die Kombination aus F7 und F9 Filtern seien wirksam. H14-Filter seien überdimensioniert, sie seien eigentlich für OP-Säle gedacht. Auch biologisches Inaktivieren durch UV-C sei wirksam. Der Vorteil dieser Geräte sei, dass sie leiser sind. Wichtig sei immer ein ausreichender Luftdurchsatz und die Aufstellposition des Gerätes im Raum.
Lüften die beste Vorsorge
Auch Moriske betonte, Luftreiniger könnten das Lüften nicht ersetzen, das sei immer noch die beste Vorsorge. Darum sei es auch nicht nötig, die Geräte flächendeckend anzuschaffen: "Die Lüftung allein schafft das viel effizienter." Wenn sie denn richtig erfolgt. Da gelte die Regel "20 + 5" also alle 20 Minuten für 3-5 Minuten stoßlüften, das heißt: Fenster weit öffnen. Und in den Pausen sollten die Fenster durchgängig weit offen sein, besser noch sei es, dann querzulüften.
Entgegen dieser Experten-Empfehlung forderte am Mittwoch SPD-Bildungspolitiker Jochen Ott: "Wir wollen, dass alle Klassenräume ausgestattet werden." Andere Bundesländer gingen voran, NRW warte auf den Bund.
Haben die Geräte Auswirkungen auf eine Klassen-Quarantäne?
Heinz-Jörn Moriske vom UBA gab mit Blick auf die Lüftungssituation in einem Klassenraum auch eine Einschätzung zur Quarantäne ab: Wenn es einen Fall in einer Schulklasse gebe, dann müsse nicht gleich die ganze Klasse in Quarantäne. Das Ansteckungsrisiko für Kinder, die weiter weg von der infizierten Person sitzen, sei geringer.
Aber der Ingenieur verwies auch auf eine Studie der Universität Bonn, die gezeigt habe, dass es in Kitas trotz Luftreinigung Ansteckungen gegeben habe. Hier seien die Kinder aber auch im engeren Kontakt als in einer Schulklasse.
Die Frage der Gruppen-Quarantäne in Schulen und Kitas ist aktuell umstritten. Das Robert Koch-Institut rät weiterhin dazu, im Falle einer Einzelinfektion vorsichtshalber die ganze Klasse in Quarantäne zu schicken. NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) hingegen hofft auf eine Änderung dieser Haltung.
Denn angesichts der deutlich ansteckenderen Delta-Variante droht vielen Klassen ein schnelles Ende des Präsenzunterrichts, den viele so dringend herbeisehnen.