Wer jung ist, dem kann das Covid-19-Virus nichts anhaben. So sah es jedenfalls lange aus – Ältere erkrankten schwer, mussten ins Krankenhaus oder starben sogar. Kinder dagegen mussten noch nicht mal eine Maske tragen, weil das Risiko scheinbar so gering war. Und wer kennt schon einen Teenager, der mit Corona ins Bett musste? Aber jetzt steigen die Infektionszahlen seit Tagen ständig an, die 7-Tages-Inzidenz liegt sogar höher als bei den ganz Alten.
Wie ist die Lage?
Der jüngste Bericht des RKI zeigt, dass derzeit bundesweit 4.007 Kleinkinder infiziert sind – vor knapp einem Jahr waren es 254. Die 7-Tages-Inzidenz liegt bei 101 Prozent (März 2020: 6,4). Bei den 10- bis 14-Jährigen ist sie mit 4.099 Fällen sogar zehnmal höher als vor einem Jahr. Besonders stark ist der Anstieg bei den 5- bis 9-Jährigen (Inzidenz 126, Fallzahlen: 4698).
In NRW werden die Altersgruppen anders zusammengefasst, was den Vergleich zu den bundesweiten Zahlen schwierig macht. Aber der deutliche Anstieg zeigt sich auch hier: Am Freitag wurden 2378 Kinder unter neun Jahren als infiziert gemeldet (25.03.2021) - vor genau einem Jahr waren es 56.
Wichtig zu wissen: Bei den Altersgruppen bis von 15 bis 44 Jahren sind die Zahlen noch höher. Aber bei den Jüngeren fällt der Anstieg auf, gerade weil die Zahlen früher so niedrig waren.
Warum steigen die Zahlen?
Dafür werden zwei Gründe genannt: erstens die Virusmutante B.1.1.7, die sich schneller verbreitet und deutlich ansteckender ist als die Variante, mit der wir es bisher zu tun hatten. Das halten das RKI und der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach jedenfalls für möglich. Hundertprozentig sicher ist das aber nicht, sagt WDR-Wissenschaftsexpertin Ruth Schulz: "Es könnte zum Beispiel sein, dass es wegen der neuen Variante mehr Viren im Kinderrachen gibt. Aber endgültig belegt ist das nicht."
Zweitens: Es wird mehr getestet. Deswegen werden auch mehr Infektionen entdeckt und gemeldet. Also einfach auf die Tests verzichten, um damit die Zahlen zu drücken, wie manche fordern? Wenig sinnvoll, sagt Ruth Schulz: "Die Infektionen bleiben ja. Mit den Tests hat man aber die Chance, die raus zu ziehen, die vielleicht selbst keine Symptome haben, aber andere anstecken können."
Wie sieht es mit den Tests für Kinder aus?
Kleine Kinderhände tun sich oft schwer mit den Teststäbchen, viele Lehrer und Lehrerinnen fühlen sich überfordert, und es gibt immer wieder Eltern, die ihre Kinder nicht testen lassen wollen. Trotzdem setzt die Landesregierung auf die freiwilligen Selbsttests. Start war vor den Osterferien an den weiterführenden Schulen, wo zweimal die Woche getestet werden konnte, die Grundschulen kommen vermutlich danach dran – wenn es genug Tests gibt. Das Land hat in einem ersten Schritt 3,3 Millionen Selbsttests beschafft, nach dem Ferien sollen noch einmal 3,1 Millionen geliefert werden.
In Solingen können sich auch Kita-Kinder selbst testen: Sie bekommen eine Art Lolli, an dem sie lutschen. Das ist einfacher und vor allem sicherer, weil es sich um einen aussagekräftigeren PCR-Test handelt. Das Verfahren wird aber noch getestet.
Was ist mit Impfungen für Kinder?
Angesichts der steigenden Infektionszahlen wird der Ruf nach einem Impfstoff immer lauter. Kinder erkranken zwar seltener an Covid-19, geben das Virus aber weiter. Das Problem: Es gibt noch keinen Impfstoff. Das Vakzin von Biontech ist ab 16 Jahren zugelassen, alle anderen erst ab 18 Jahren. Studien zur Verträglichkeit an jüngeren Kindern laufen noch. Bei der Ständigen Impfkommission ist man aber optimistisch, dass es bis zum Ende des Jahres einen Impfstoff für Kinder gibt.
Warum nicht Schulen und Kitas schließen?
"Das ist auf jeden Fall eine effektive Maßnahme", sagt WDR-Wissenschaftsexpertin Ruth Schulz. Das hätten die Erfahrungen in anderen Ländern gezeigt. "Sobald ein Land sich zu diesem Schritt entschlossen hat, sind die Zahlen gesunken." Aber: Das Land NRW will die Schulen nach Möglichkeit offen halten und hat auch nur wenigen Städten und Kreisen die Erlaubnis gegeben, die Einrichtungen zu schließen. Andererseits soll es nach den Osterferien erst mal keinen Unterricht im Normalbetrieb geben..
Auch die Kitas bleiben offen. Dabei sind es die Kleinen, die sich besonders oft anstecken: "Natürlich ist das Risiko da höher", sagt Ruth Schulz. "Da sitzt die Maske ja nicht immer richtig." Aber: "Superspreader" sind die Kinder nicht: Da habe sich die Zahl der Infektionen einfach an die in der Gesamtbevölkerung angepasst.
Das RKI empfiehlt aber, Einrichtungen zu schließen, wenn jemand in der Klasse oder Kita-Gruppe krank wird, um die weitere Ausbreitung zu verhindern – quasi als letzte Maßnahme.
Was kann ich tun, um die Ausbreitung zu verhindern?
Das RKI empfiehlt, die klassischen "AHA + L"- Regeln einzuhalten, also Abstand zu halten, Hygiene zu beachten, im Alltag eine Maske zu tragen und regelmäßig zu lüften. Sollte sich ein Familienmitglied trotzdem angesteckt haben, sollte es eine Woche lang zu Hause bleiben