Nach den Bund-Länder-Beschlüssen in der Nacht zu Dienstag hagelt es Kritik. So bemängelte FDP-Chef Christian Lindner "eine erschütternde Konzeptlosigkeit". Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte, es sei "zu spät, zu langsam, zu zögerlich" gehandelt worden.
In NRW sprach die SPD von Strategielosigkeit. "Das ist doch alles kein Hexenwerk, eine langfristige Strategie zu bekommen, um aus dieser Pandemie und diesem Rein und Raus aus dem Lockdown zu kommen", sagte Fraktionschef Thomas Kutschaty.
Dabei ist das umstrittene Ergebnis hart erkämpft: Kanzlerin Merkel und die 16 Länderchefs sprachen mehr als zwölf Stunden, mussten am Montagabend sogar stundenlang ihre Konferenz unterbrechen. Grund dafür war eine Auseinandersetzung um das Thema Reisen.
Fällt Runde schwer, "effektive Beschlüsse zu fassen"
Die Aufhebung der Reisewarnung für Mallorca hatte zu Diskussionen geführt - weil es "hier eine Ungleichbehandlung mit deutschen Tourismusorten gibt", erklärte der CDU-Bundesvorsitzende Armin Laschet. Er kritisierte die Bundesregierung in diesem Zuge für das Aufheben der Reisewarnung.
WDR-Hauptstadtkorrespondent Philipp Menn sieht das Problem auch im Format. Die Länderchefs würden ihrer Verantwortung teilweise nicht gerecht und setzten eigene Interessen durch, kritisiert er. Viele sinnvolle Vorschläge von Bundeskanzlerin Merkel seien indes von den Ländern gestrichen worden, weil sie teils eigene Lösungen haben.
Vor allem der sogenannte Oster-Lockdown sei eigentlich "ein Lockdownchen. Das zeigt, wie schwierig es dieser Runde fällt, überhaupt noch effektive Beschlüsse zu fassen." Wenn die Krise irgendwann überstanden ist, werde man grundsätzlich darüber reden müssen, was im Föderalismus bei der Pandemiebekämpfung schief gelaufen ist.
Kommunikationsprobleme auf mehreren Ebenen
Die Politik scheint ein Kommunikationsproblem auf vielen Ebenen zu haben. Politikberater Johannes Hillje kritisiert, dass nicht die Sprache der Bevölkerung gesprochen werde. Die Menschen würden sich eine Perspektive wünschen, so Hillje im WDR. Man habe beim letzten Bund-Länder-Treffen versucht, diese zu geben - mit einem Stufenplan. Dieser war aber zu kompliziert und nicht eindeutig. Der neue Beschluss sei nun "weder Fisch noch Fleisch".
Der ehemalige CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz sagte im WDR, dass man nach dem letzten Treffen einen weiteren Fehler gemacht habe: Man habe eine Teststrategie besprochen - hätte dann aber Öffnungen auch ohne flächendeckende Tests durchgeführt.
Staat hat "Hausaufgaben nicht gemacht"
Wirtschaftsvertreter äußerten sich ebenfalls negativ: "Bund und Länder verlieren sich im Klein-Klein von Maßnahmen", sagte Michael Hüther, Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln.
Auch das Hotel- und Gastgewerbe in NRW warf Bund und Ländern eine gescheiterte Corona-Politik vor. "Die Stimmung ist verheerend: Wir haben die Nase gestrichen voll - vor allem, weil wir unsere Hausaufgaben gemacht haben und der Staat seine nicht", sagte NRW-Dehoga-Präsident Bernd Niemeier.