"Das ist für die Sicherheit von allen", sagt Karl-Heinz Schreiweis, der geduldig mit den anderen Bewohnern des Carl-Sonnenschein-Hauses in Oberhausen darauf wartet, getestet zu werden. "Wir sind eine große Gruppe und es wäre sehr gefährlich, wenn das Virus hier ausbricht", sagt der 58-Jährige, der gemeinsam mit 72 Frauen und Männern in dem Heim für Wohnungslose lebt.
Bis jetzt sind Mitarbeiter und Bewohner gut durch die Pandemie gekommen, es gab keine positiven Fälle. "Alle machen super mit und halten sich an die Hygieneregeln", sagt Marc Wroblewski, Leiter des Wohnheims. Maskenpflicht, täglich wird Temperatur gemessen, wöchentlich auf Corona getestet und – dies ist die Besonderheit hier - fast alle wurden bereits geimpft.
Wohnungslose sind gefährdet
Der Corona-Krisenstab der Stadt Oberhausen hat bereits Anfang dieses Jahres festgelegt, dass wohnungslose Menschen höchste Priorität in der Impfreihenfolge haben. Die Verantwortlichen wollten keine Zeit verschwenden, denn viele Betroffene gehören wegen Vorerkrankungen zur Hochrisikogruppe, können sich keine teuren FFP2-Masken leisten und haben keine ärztliche Versorgung.
"Zudem haben sie kein soziales Umfeld, das darauf achtet, wie es ihnen geht. Deswegen müssen wir das stellvertretend machen", sagt Stefan Welbers vom Krisenstab. Er wünscht sich ein festes Impfkontingent für alle Wohnungslosen des Landes, "damit sich niemand vordrängeln kann."
Städte agieren unterschiedlich
Insgesamt sind etwa 47.000 Menschen in NRW ohne festen Wohnsitz. Sie leben in Unterkünften oder bei Bekannten. Zusätzlich leben laut Schätzungen der Caritas rund 12.000 Menschen auf der Straße. Es wurde nicht erfasst, wie viele von ihnen bereits geimpft wurden. Städte wie Wuppertal, Duisburg, Dortmund, Bonn oder Remscheid haben Kampagnen gestartet, andere Städte warten auf Impfstoff.
Der Auslieferungsstopp des Impfstoffs von Johnson&Johnson bringt den Zeitplan durcheinander. "Klar ist aber, dass auch obdachlosen Menschen zeitnah ein Impfangebot unterbreitet werden soll", so eine Sprecherin des NRW-Gesundheitsministeriums.
"Große Angst"
Andreas Sellner von der Gefährdetenhilfe Kölner Caritas empfiehlt, so schnell wie möglich mobile Teams in die Notunterkünfte zu schicken oder die Menschen in die Impfzentren zu fahren. Die Impfbereitschaft der Obdachlosen ist nach seinen Erfahrungen sehr hoch. "Sie haben große Angst, wissen wie gefährlich die Krankheit für sie sein kann".
Maik Noky hat eine eigene Wohnung gefunden und zieht in Kürze aus dem Carl-Sonnenscheinhaus aus. Der 40-Jährige ist dankbar, dass er bereits die erste Impfung erhalten hat, die zweite folge Ende Mai. Noky: "So kann ich beruhigt in ein neues Leben starten."