Menschen, die ihren Urlaub in Corona-Risikoländern verbracht haben, sollen bei ihrer Rückkehr bald verpflichtet werden, unmittelbar einen Coronatest zu machen - oder alternativ für 14 Tage in Quarantäne zu gehen. "Ich gehe davon aus, dass diese Pflicht ab nächster Woche gilt", sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Dienstagmorgen (28.07.2020) im WDR Radio. Er halte das auch für angemessen: "Man muss der Gemeinschaft gegenüber diese Solidarität entgegenbringen."
Tests sollen kostenlos sein
Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte am Montag in den ARD-Tagesthemen verpflichtende Coronatests angekündigt - kostenlos für alle. Letzteres sieht NRW-Amtskollege Laumann aber offenbar skeptisch: "Das ist seine Entscheidung", sagte er dem WDR. "Dass Menschen in Risikogebiete reisen, wird ja noch länger gehen", gab er zu bedenken. Auf Dauer könnten die Tests daher keine staatliche Leistung sein. "Jeder Reisende zahlt ja auch für die Sicherheit seines Gepäcks."
Laumann: Massenstest "kriegen wir hin"
NRW erwartet in dieser Woche an den Flughäfen etwa 15.000 Urlauber aus Risikogebieten zurück. Die Stadt Dortmund teilte am Dienstag mit, dass bereits mehrere Rückkehrer aus dem Kosovo und der Türkei positiv getestet worden sind. Von insgesamt 21 neuen Corona-Fällen in Dortmund gingen elf auf Urlauber zurück.
"Wie zu erwarten war, zeigt sich hier, dass durch Rückreisende aus Risikogebieten ein erhebliches Risiko besteht, unerkannte Covid-19-Infektionen nach Deutschland einzuschleppen", sagte Frank Renken, Leiter des Gesundheitsamtes.
Dass die Massentests von Urlaubsrückkehrern zu stemmen sind - daran hat Gesundheitsminister Laumann keinen Zweifel. In NRW würden auch ohne Reiserückkehrer mehr als 100.000 Menschen pro Woche getestet: "Ich denke, das kriegen wir hin."
Wie Rückkehrer konrolliert werden sollen, die per Bahn oder Auto zurück nach NRW kommen, ist noch nicht geklärt. Kontrollstationen an den Grenzen soll es laut Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nicht geben. Über die Umsetzung der Testpflicht sei er im Gespräch mit dem Gesundheitsminister und dem Kanzleramt. Auch ein Sprecher der Bundespolizei wies daraufhin, dass aus Kapazitätsgründen nicht überall kontrolliert werden kann. Wahrscheinlich würden Stichproben gemacht.
Welche Tests erwarten die Urlauber?
Vorgeschrieben ist der sogenannte Nasen-Rachen-Test, auch PCR-Test genannt. Dabei werde der Testperson ein Tupferstäbchen zuerst durch die Nase, dann durch den Mund bis möglichst tief in den Rachenraum eingeführt, erklärt ein Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein.
Die KV Nordrhein ist für die Tests am Flughafen Düsseldorf zuständig, die KV Westfalen-Lippe für die an den Flughäfen Münster und Dortmund. In Weeze und Paderborn sind bislang keine Tests vorgesehen, da dort aktuell keine Flüge aus Risikogebieten ankämen, sagen die Sprecher der jeweils zuständigen Kreise. Für den Flughafen Köln/Bonn ist das Kölner Gesundheitsamt zuständig, dort würden ebenfalls Nasen-Rachen-Abstriche gemacht, so eine Sprecherin.
"Große Sorge" wegen Reiseaktivitäten
Es gehe vor allem darum, eine zweite Welle zu verhindern. "Mit viel Sorge" werde jetzt auf das Reisegeschehen seit Beginn der Sommerferien geschaut. Ein Reiseverbot, um eine neue Infektionswelle zu verhindern, wäre allerdings keine Option gewesen, so Laumann. Jetzt aber müsse man den Menschen, die ihren Urlaub in Risikogebieten verbringen wollten, klar sagen, "dass sie bitte 14 Tage in Quarantäne gehen oder sich testen lassen. Das ist doch nicht zu viel verlangt."
Spahn verteidigt Pflichttests
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte in den Tagesthemen erklärt, warum die Pflichttests aus seiner Sicht kostenlos sein sollten: "Wir wollen sicherstellen, dass das Virus nicht aus diesen Ländern zurück nach Deutschland getragen wird." Es dürfe "keine Frage des Geldbeutels" sein, sich testen lassen zu können.
Das Robert Koch-Institut (RKI) führt eine ständig aktualisierte Liste der Risiko-Gebiete. Dazu gehören derzeit die Türkei, Luxemburg, Ägypten und Israel, aber auch Serbien, Kosovo, die Ukraine und Nordmazedonien. Spanien, Österreich oder Großbritannien haben zwar ihre Maskenpflicht wegen steigender Infektionszahlen wieder verschärft, stehen aktuell aber nicht auf dieser Liste der Risikogebiete.