Mit dem Deich-Kontrolleur in Petershagen unterwegs
Lokalzeit OWL. 03.01.2024. Verfügbar bis 03.01.2026. WDR. Von Jan-Ole Niermann.
Deichwacht in Petershagen: "Man hofft jedes Mal, dass es nicht schlimmer wird"
Stand: 03.01.2024, 17:50 Uhr
Die Hochwasserlage an der Weser ist seit Tagen angespannt. Die Deiche werden nun besonders kontrolliert. In Petershagen-Schlüsselburg kümmert sich Hartmut Precht ehrenamtlich um die Deichwacht.
Von Jan-Ole Niermann
"Hier ist ein gefährlicher Punkt, der beobachtet werden muss", sagt Hartmut Precht, kniet sich hin und fühlt mit seiner Hand in ein kleines Loch im Deichboden: "Ein Kaninchenbau oder so was scheint das zu sein. Das Wasser könnte das aushöhlen und dann besteht die Gefahr eines Durchbruchs."
Kaninchenbauten können zur Gefahr werden
Der Boden des grünen Weser-Deichs ist weich, besorgt schaut der 68-Jährige auf seine Hand, an der nasse Erdreste kleben. "Das habe ich jetzt ganz frisch entdeckt." Im Notfall müsste diese Stelle mit Sandsäcken verstärkt werden. Der Deich ist in die Jahre gekommen, auch deshalb engagiert sich Precht ehrenamtlich. Seine Beobachtungen teilt er mit der Stadt Petershagen.
Hochwasser sorgt für arbeitsreiche Weihnachtstage
Precht steht wieder auf und stapft weiter. Hinter dem Rentner liegen anstrengende Tage: "Von entspannten und ruhigen Weihnachtsfeiertagen konnte keine Rede sein. Es war ein arbeitsreiches Jahresende für alle Beteiligten." Zwischen dem 1. Weihnachtsfeiertag und dem Jahreswechsel war er täglich zur Kontrolltour am Deich unterwegs.
Er steht auf dem Deich und zeigt über eine Wiese in Richtung Weser: "Das war alles unter Wasser. Das stand bis hier vorne hin, das Wasser, bis ans Schild und ungefähr so 30 bis 40 Zentimeter am Deich." Inzwischen ist die Straße wieder zu sehen, Precht grüßt ein vorbeifahrendes Auto.
Ehrenamtliches Engagement
Hartmut Precht ist hier in Petershagen-Schlüsselburg geboren und lebt gerne in dem Ort mit den knapp 500 Einwohnerinnen und Einwohnern. "Das hat mehrere Gründe, ich kann das nicht genau beschreiben", sagt Precht auf die Frage, warum er sich in seiner Freizeit ehrenamtlich um die Deiche kümmert und lächelt, "manche sprechen auch von einem Helfersyndrom." Mehr als 50 Jahre lang war Precht bei der Freiwilligen Feuerwehr im Ort aktiv, wie schon sein Vater vor ihm: "Irgendwie bin ich da so reingeboren, mein Vater war Löschgruppenführer, ich war Löschgruppenführer."
Bäume werden auch begutachtet
Der Kontrolleur ist ehrenamtlich unterwegs
Seit einem Jahr ist er in Rente und nicht mehr aktiv bei der Feuerwehr. Doch seine Mütze mit der Aufschrift "Feuerwehr" trägt er immer noch. Als er aus seinem Auto steigt und der Wind weht, zieht er sie tiefer ins Gesicht: "Der Boden ist ziemlich durchweicht, durchnässt, und wenn jetzt noch mehr Wind kommt, besteht die Gefahr, dass Bäume umstürzen können."
Wieder stapft der 68-Jährige einen Deich hoch, blickt empor zu den Linden, "darum werden neben dem Deich auch immer gleich die Bäume mit begutachtet."
Noch keine Entwarnung
Heute ist es etwas ruhiger, Precht streicht über das Display seines Mobiltelefons: "Wir haben jetzt aktuell einen Pegelstand von 5,41 Metern." Das ist etwas mehr als gestern, aber weniger als vor einigen Tagen. Precht schaut vom Display hoch und erzählt von einer inneren Anspannung, von der Ungewissheit, welche Gefahr noch droht:
"Bisher haben wir immer Glück gehabt", sagt Precht. Gelegentliche Hochwasser sind die Menschen in Petershagen und auch der ehrenamtliche Deichwächter gewöhnt. Er hofft nun auf eine längere Regenpause und sinkende Pegel: "Es gibt ja auch noch Besseres zu tun als jeden Tag hier am Deich lang zu gehen", sagt Precht lachend, "bei dem Schietwetter würde man sonst auch lieber auf dem Sofa sitzen: Tasse Kaffee und Keks, das wäre schon angenehmer als hier." Trotzdem wird er bei hohen Pegelständen weiter auf die Deiche rund um seinen Heimatort achten.