Es ist einer der größten Missbrauchsfälle in der evangelischen Kirche: Mehr als 30 Jahre lang hat ein ehemaliger ehrenamtlicher Betreuer in Lüdenscheid-Brügge Kinder und Jugendliche missbraucht. Mehr als 20 Opfer haben teils schlimmste Formen des sexuellen Missbrauchs erlebt. Als die Vorwürfe im Sommer 2020 bekannt wurden, nahm der Betreuer sich das Leben.
Trotz mehrfacher Hinweise schwiegen alle
Im Laufe der Jahrzehnte gab es mehrfach Hinweise auf Übergriffe durch den Jugendbetreuer. Drei Pfarrer aus Lüdenscheid haben nach Angaben der Betroffenen von den Missbrauchsfällen gewusst und nicht gehandelt. Einem Pfarrer konnte man das am Ende auch nachweisen.
Als die Vorwürfe bekannt wurden, leitete die evangelische Landeskirche von Westfalen als Dienstherr zwar Disziplinarverfahren gegen zwei Pfarrer ein, die wurden aber eingestellt.
Die Pfarrer haben sich zu dem Fall in der Öffentlichkeit nicht geäußert.
Kritik an Einstellung der Verfahren
Die Einstellung der Disziplinarverfahren hatte für viel Kritik gesorgt. Auch eine Studie bemängelte das Verfahren. Die Studie war von der Landeskirche selbst in Auftrag gegeben worden. In der Studie wurde festgestellt, dass belastende Aussagen nicht ausreichend gewürdigt worden oder sogar verdreht worden seien. Die Fälle seien nicht intensiv genug untersucht worden.
Einstellung laut Gutachten rechtens
Zur Klärung hat die evangelische Landeskirche dann ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Das liegt jetzt vor. Es bestätigt, dass die Disziplinarverfahren ordnungsgemäß durchgeführt wurden und die Einstellung rechtmäßig ist. Ein kirchenrechtliches Disziplinarverfahren habe nicht den Zweck, begangenes Unrecht zu vergelten.
Gutachten für Opfer niederschmetternd
Für einige der damaligen Opfer ist das völlig unverständlich. Zumal auch jetzt im Rechtsgutachten steht, dass zumindest einer der Geistlichen wusste, dass ein ehrenamtlicher Betreuer sexuell übergriffig war. Die Opfer bezeichnen das Verhalten der Kirche und auch das aktuelle Rechtsgutachten als niederschmetternd.
Unsere Quellen:
- Evangelische Landeskirche
- Superintendent Dr. Christof Grote
- Rechtsgutachten liegt Reporterin vor
- Telefonat mit Betroffenen