Auf den 7. Mai haben in Lüdenscheid viele Menschen lange gewartet. 16 Monate sind seit der Sperrung der Rahmedetalbrücke vergangen. Mittlerweile sind die Stadt und viele Bürger am Limit. Sie leiden unter dem Verkehrschaos und Lärm. Wenn die Brücke am Sonntag fällt, ist das für die meisten erstmal ein Grund zum Feiern.
Doch das gute Gefühl, das viele haben, wenn sie an die Sprengung denken, kann den Frust und Ärger über die aktuelle Situation nicht verdrängen. Das wurde beim WDR 5 Stadtgespräch am Donnerstag live aus Lüdenscheid deutlich. Die Teilnehmer kritisierten die Politiker auf Landes- und Bundesebene scharf.
Bürger fühlen sich von der Politik allein gelassen
"Es gibt keine Fortschritte", meldete sich Heiko Schürfeld zu Wort. Er ist Sprecher der Bürgerinitiative A45 Lüdenscheid. "Das größte Problem ist die Parteipolitik. Die stehen sich im Weg. Das lähmt politische Entscheidungen." Ein anderer Mann aus dem Publikum ergänzte: "Bei der Sprengung kommen alle gerne, aber im normalen Alltag nicht."
Lüdenscheids Bürgermeister Sebastian Wagemeyer kann die Kritik nachvollziehen. Auch er ist der Ansicht, dass Parteipolitik Entscheidungen zur Rahmedetalbrücke erschwert. Doch der Bürgermeister sieht auch positive Entwicklungen: "Durch engagierte Leute und die Beharrlichkeit der Bürgerinitiative wurde das ab Juni geltende Durchfahrtsverbot für Lkw auf den Weg gebracht."
Sperrung hat gesundheitliche und wirtschaftliche Folgen
Trotzdem sind die Probleme in Lüdenscheid enorm. Täglich rollen 20.000 Autos durch die Stadt. Es staut sich an allen Ecken. Straßen sind kaputt. Wer an den Umleitungsstrecken wohnt, kann nachts nicht schlafen. Beim WDR 5 Stadtgespräch berichtete eine Anwohnerin von gesundheitlichen Folgen: "Meine Blut-, Schilddrüsen- und Diabeteswerte werden immer schlechter."
Wirtschaft befürchtet Milliarden-Schäden
Hinzukommen erhebliche Herausforderungen für Geschäfte und Unternehmen in und um Lüdenscheid. Einnahmen brechen weg. Lieferwege dauern länger. Mitarbeiter, die aus anderen Städten kommen und pendeln, kündigen. Das Institut der Deutschen Wirtschaft geht davon aus, dass der wirtschaftliche Schaden der Region im Milliardenbereich liegen könnte.
Schon jetzt gibt es in Lüdenscheid Selbstständige, die um ihre Existenz kämpfen. Ihnen werde bisher seitens der Politik zu wenig geholfen, so Wagemeyer. NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer von den Grünen kann die Forderung nach Hilfen verstehen, verwies aber auf den Bund, der zuständig sei. Dem widersprach Oliver Lucsic, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium: "Der Bund ist nur für den Neubau zuständig."
Brücken-Geschichte
Eigentlich hatte Straßen.NRW schon 2014 beschlossen, die Rahmedetalbrücke neu zu bauen. Weil andere Brücken auf der A 45 aber noch schlechter dran waren, verzögerte sich das Ganze. Ende 2021 zeigte dann eine neue Technik so starke Verformungen an den Trägern der Rahmedetalbrücke, dass sie am 02.12.2021 sofort gesperrt wurde. Die Planung und der Neubau sollen mindestens fünf Jahre dauern.
Diskussion zwischen Lüdenscheidern und Politikern
Der Neubau soll fünf Jahre dauern. "Es geht leider nicht schneller", so Lucsic. Grund dafür sei die Lage der Brücke. Auch ein Vergleich mit der innerhalb von zwei Jahren gebauten Brücke in Genua sei schwierig, weil diese zusammengebrochen ist und nicht gesprengt werden musste. Außerdem zweifelte Oliver Lucsic die Umsetzbarkeit einer angebotenen Behelfsbrücke an.
Von den anwesenden Lüdenscheidern bekam Lucsic für seine Aussagen Gegenwind. "Das ist eine Ausnahmesituation. So einen Fall gab es noch nie. Wieso bringen wir nicht blitzschnell Gesetze auf den Weg?", fragte Sascha Roth aus dem Publikum.
Vergabeverfahren für Neubau soll im Juni abgeschlossen sein
Welche Firma die neue Rahmedetalbrücke bauen wird, steht noch nicht fest. Oliver Lucsic vom Bundesverkehrsministerium verwies am Donnerstag auf das noch laufende Vergabeverfahren. Im Juni soll das abgeschlossen sein.
Für die Lüdenscheider bleibt damit offen, wann und wie es ab Sonntag weitergeht. Auch Christian Kestermann vom Institut der deutschen Wirtschaft meinte: "Die Anwohner verdienen einen konkreten Zeitplan."