WhatsApp und die Interoperabilität
01:27 Min.. Verfügbar bis 10.02.2026.
WhatsApp kommuniziert bald auch mit anderen Messengern
Stand: 10.02.2024, 10:37 Uhr
Der "Digital Markets Act" schreibt auch dem WhatsApp-Messenger mehr Wettbewerb vor: Ab März werden WhatsApp-User mit Benutzern anderer Messenger Nachrichten austauschen können. WDR-Digitalexperte Jörg Schieb über die Hintergründe und warum es an den Plänen auch Kritik gibt.
WhatsApp gilt als populärster Messenger der Welt – eine Art Quasi-Standard. Doch nicht alle der rund 2,8 Milliarden User weltweit benutzen WhatsApp wirklich freiwillig: Da fast alle WhatsApp benutzen, muss man selbst eben auch (was "Netzwerk-Effekt" genannt wird), um nicht von der Kommunikation ausgeschlossen zu sein.
Das gilt spätestens dann, wenn Freunde, Kollegen oder der Kindergarten eine Gruppe aufmacht, um auf dem Laufenden zu bleiben oder sich auszutauschen. Das geht bislang faktisch nur auf WhatsApp.
Zahlreiche Messenger-Apps
Dabei gibt es so viele andere Nachrichten-Apps, etwa Telegram, Signal, Threema und viele andere. Doch wer diese weniger bekannten, in punkto Datenschutz jedoch überlegenen Messenger verwendet, kann bislang keinen Kontakt zu WhatsApp-Nutzern aufnehmen – und umgekehrt.
Das will die EU ändern und schreibt im "Digital Markets Act" (DMA) den führenden Playern im Markt vor, sich für den Wettbewerb zu öffnen. In der Folge muss der Meta-Konzern seinen WhatsApp-Messenger durchlässig machen. "Interoperabilität" nennen es die Experten, wenn ein Messenger wie WhatsApp auch Nachrichten mit Signal oder Threema austauschen kann. Netzaktivisten wie Markus Beckedahl von netzpolitik.org verlangen das schon seit Jahren.
Nachrichten ja, Gruppen-Chats nein
Jetzt kommt die Interoperabilität also. Die Regeln des DMA sind unmissverständlich: WhatsApp ist der Platzhirsch und muss sich öffnen. Ab 7. März werden WhatsApp-User deshalb auch mit Nutzern anderer Messenger Nachrichten austauschen können. Verpflichtend ist das für die Anbieter der anderen Messenger allerdings nicht. Sie müssen lediglich die Möglichkeit erhalten, mit WhatsApp Nachrichten auszutauschen.
Die Entwickler von WhatsApp haben dem Fachmagazin "Wired" in den USA erläutert, wie die Zusammenarbeit mit anderen Messengern technisch gelöst werden soll. Fest steht: Anfangs werden Nutzer Textnachrichten, Bilder, Sprachnachrichten, Videos und Dateien mit anderen Messengern austauschen können. Die für viele so wichtigen Gruppen-Chats werden erst mal nicht unterstützt. Gruppen-Chats und Anrufe könnten erst Jahre später kommen.
User können individuell entscheiden
Die Möglichkeit zum Austausch mit anderen Messengern ist in Zukunft nicht automatisch aktiv: Jeder Nutzer kann per Opt-In auswählen, ob er sich für die Interaktion mit anderen Messengern entscheiden will. Nur dann ist ein Nachrichtenaustausch mit Telegram, Threema oder Signal theoretisch möglich.
So viel haben die WhatsApp-Entwickler bereits verraten: Eintreffende Nachrichten aus anderen App-Welten sollen bei WhatsApp in einer separaten Mailbox (Posteingang) erscheinen. Es ist also nicht so, dass alle Nachrichten – die innerhalb von WhatsApp und die mit anderen Messengern – gleichwertig nebeneinander existierten. Die Nachrichtenwelten verschmelzen also nicht etwa – das schreibt das Gesetz auch nicht vor.
Bedenken wegen der Datensicherheit
Doch nicht alle sind restlos begeistert, wenn WhatsApp künftig mit anderen Messengern Nachrichten austauschen kann. Ein Sprecher des Schweizer Dienstes Threema, der in punkto Datensicherheit und Diskretion höchste Standards erfüllt, äußert sich kritisch: Der Meta-Konzern könnte dadurch mehr Daten bekommen.
Da WhatsApp Mobilnummern verwendet, um die Nutzer zu identifizieren und mit anderen Personen zu kommunizieren, der Messenger Threema aber zufällig zugeteilte achtstellige IDs für die Konten anderer User vergibt, besteht die Gefahr, dass Threema-Nutzer "de-anonymisiert" werden könnten.
Auch hätte das Unternehmen keinen Überblick und keine Kontrolle, was mit den Daten der Threema-Benutzern passiert, die an WhatsApp übertragen werden.
Es ist daher noch längst nicht sicher, ob alle Messenger sich für WhatsApp öffnen.
Unsere Quellen:
- Fachmagazin "Wired"
- Pressemitteilung der Europäischen Kommission
- Netzpolitik.org
Über den Autor
WDR-Digitalexperte Jörg Schieb
Jörg Schieb, Jahrgang 1964, ist WDR-Digitalexperte und Autor von 130 Fachbüchern und Ratgebern. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Digitalisierung und deren Auswirkungen auf unseren Alltag.