Trotz aller Versuche einer Deeskalation: Die von US-Präsident Donald Trump verhängten Zölle sind seit Mittwoch Realität. Auf alle Importe aus der EU werden in den USA ab sofort pauschal Zölle in Höhe von 20 Prozent fällig. Für Stahl- und Aluminiumprodukte sowie Autos sind die Aufschläge mit 25 Prozent noch höher. Diese Zölle sind bereits in den vergangenen Wochen in Kraft getreten.
Am Mittwoch haben die EU-Staaten den Weg für erste Gegenzölle zwischen 10 und 25 Prozent freigemacht - als Reaktion auf die von US-Präsident Donald Trump angeordneten Zölle. Kommende Woche sollen nach Angaben der Europäischen Kommission unter anderem Sonderabgaben für Jeans und Motorräder aus den Vereinigten Staaten in Kraft treten.
Bei den Beratungen der EU-Handelsminister am Montag kam jedoch auch ein Thema zur Sprache, das die USA in einem befürchteten Handelskrieg möglicherweise noch härter treffen könnte. Eine Digitalsteuer, die speziell große Tech-Konzerne treffen würde.
Wie würde so eine Steuer aussehen? Könnte sie im aktuellen Zollkonflikt ein echtes Druckmittel gegen die USA darstellen? Gibt es Risiken? Fragen und Antworten.
Wie funktioniert die Digitalsteuer?
Würde eine Digitalsteuer die USA beeindrucken?
Wie realistisch ist eine schnelle Einführung?
Wie hoch ist das Risiko?
Wie funktioniert die Digitalsteuer?
Durch das Internet werden heute viele Geschäfte nur noch digital erledigt. Konzerne wie Amazon und Netflix verdienen gutes Geld auf dem europäischen Markt, zahlen allerdings nur sehr wenig Steuern. Das zeigt auch ein aktuelles Gutachten des Center for European Policy Studies (CEPS): Demnach mussten die Tech-Konzerne zuletzt 9,5 Prozent ihrer Gewinne aus dem Europageschäft an den Fiskus abgeben. Bei klassischen Unternehmen aus dem Handel oder der Industrie lag der Steuersatz bei 23,3 Prozent.
Nach Berechnungen der CEPS könnte die EU mit einem Steuersatz von fünf Prozent auf alle Online-Umsätze der großen Tech-Firmen jährlich 37,5 Milliarden Euro einnehmen. Damit könnte die EU auch das Handelsdefizit bei Dienstleistungen gegenüber der USA abbauen, das nach Berechnungen des EU-Statistikamts im Jahr 2023 bei mehr als 100 Milliarden Euro lag.
Würde eine Digitalsteuer die USA beeindrucken?
Davon kann man ausgehen. Bereits zwei Mal gab es Anläufe für eine europaweite Digitalsteuer. In beiden Fällen fielen die Reaktionen aus den USA äußerst scharf aus. Beim ersten Versuch 2019 scheiterte die Einführung unter anderem an Deutschland. Die Bundesregierung fürchtete damals offenbar Gegenreaktionen der Trump-Regierung, die vor allem die deutsche Autobranche treffen könnten. Beim zweiten Anlauf 2021 verzichteten die Europäer letztlich auf die Digitalsteuer, weil sie der USA im Gegenzug die Zustimmung zu einem globalen Mindeststeuerabkommen abringen konnten.
Die Mindeststeuer sollte auch Tech-Konzerne dazu verpflichten, 15 Prozent Steuern auf ihre Gewinne zu zahlen - und zwar an jene Länder, in denen die Gewinne gemacht werden. Die Mindeststeuer wurde am Ende nie erhoben, weil der US-Kongress die Umsetzung erfolgreich verhinderte. Als Trump Anfang 2025 seine zweite Amtszeit antrat, erklärte er umgehend den Ausstieg der USA aus dem Mindeststeuerabkommen.
Wie realistisch ist eine schnelle Einführung?
Das ist schwer zu sagen. Eine europaweite Digitalsteuer müsste zunächst mit allen 27 EU-Staaten abgestimmt werden, was einige Zeit in Anspruch nehmen könnte. Widerstand dürfte zum Beispiel aus Irland kommen, das jahrelang mit niedrigen Steuern um US-amerikanische Tech-Konzerne geworben hat und in dem zahlreiche Unternehmen ihre Europazentralen angesiedelt haben.
Es ist eher unwahrscheinlich, dass in wenigen Wochen eine Einigung erzielt werden kann. Allerdings könnte Deutschland bei einem Scheitern der Verhandlungen mit den EU-Partnern auch im Alleingang eine Digitalsteuer einführen. Österreich hat so eine Abgabe auf digitale Dienstleistungen bereits 2020 eingeführt.
Wie hoch ist das Risiko?
Auch abgesehen von möglichen harten wirtschaftlichen Gegenmaßnahmen der Trump-Administration könnte eine Digitalsteuer nicht nur Tech-Konzerne hart treffen, sondern auch die europäischen Verbraucher. Es bestehe die Gefahr, dass die betroffenen Unternehmen die zusätzlichen Kosten einfach an die Kunden weitergeben, warnt Fabian Zacharias vom Digitalverband Bitkom im Gespräch mit dem WDR.

Fabian Zacharias
Im aktuellen Zollstreit brauche es vielmehr Maßnahmen, die im Fall einer Einigung auch schnell wieder abgebaut werden könnten, meint Zacharias. "Auf Zölle mit einer Steuer zu reagieren, halte ich da für kontraproduktiv."
Angesichts des technologischen Vorsprungs US-amerikanischer Tech-Unternehmen hätten die europäischen Verbraucher gar nicht die Möglichkeit, auf heimische Produkte auszuweichen. "Wir würden uns damit ins eigene Fleisch schneiden."
Unsere Quellen:
- WDR-Gespräch mit Fabian Zacharias
- Kathrin Schmid, ARD-Studio Brüssel
- Eurostat
- Agenturen RTR, dpa und afp
Über dieses Thema berichtet der WDR am 09.04.2025 auch im Fernsehen: Aktuelle Stunde um 18.45 Uhr.