Am Freitag ist die Wohngeldreform im Bundesrat verabschiedet worden. Eine Kritikerin dieser Reform ist NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU). Ihre Befürchtung: Das neue Wohngeld wird nicht pünktlich zum 1. Januar 2023 ausgezahlt werden können. Sie rechnet stattdessen mit monatelangen Verzögerungen und massiven Problemen bei der Umsetzung.
"Wir gehen davon aus, dass Wohngeldanträge nach neuem Recht erst ab April 2023 und dann rückwirkend bewilligt werden können", sagte die NRW-Ministerin. Schon jetzt sei ein Ansturm auf die Wohngeldstellen zu bemerken.
Monatelange Umstellungszeit
Ein wichtiger Grund: Um das Wohngeld nach den neuen Verfahren zu berechnen, muss die Software in den kommunalen Wohngeldstellen komplett umgestellt werden. Allein diese landesweite Anpassung des „IT-Fachverfahrens“ brauche in den Bundesländern vier bis sechs Monate, erklärte Scharrenbach Anfang November dem WDR.
Anschließend müssen die Behörden eine wahre Antragsflut bewältigen. Denn immerhin wird der Kreis der Berechtigten verdreifacht. Dazu brauche man sehr viel zusätzliches Personal, das nicht vorhanden sei, warnt Scharrenbach.
Die NRW-Ministerin befürchtet eine Wutwelle. Ohnehin seien die Wohnungsämter in NRW zu Jahresbeginn schon stark belastet. Bis Ende Januar soll nämlich auch noch der zweite Heizkostenzuschuss an die Wohngeldempfänger des Landes ausgezahlt werden. Die Schuld dafür sieht sie bei der Ampelregierung in Berlin, die ihren Reform-Zeitplan ohne Rücksicht auf die Umsetzbarkeit gemacht habe.
NRW-Kommunen befürchten Wartezeiten
Die Kommunen in NRW teilen Scharrenbachs Befürchtungen. In einer offiziellen Stellungnahme zum Wohngeldreform-Gesetz stellte der Deutsche Städtetag Anfang des Monats fest: Wenn die IT-Fachverfahren nicht rechtzeitig startklar seien, "dann können in den ersten Wochen bis Monaten des Jahres 2023 gar keine Wohngeldanträge durch die Wohngeldbehörden beschieden werden.“
"Die Unterstützung wird viele Menschen nicht zeitnah erreichen", prognostizierte Städtetag-Geschäftsführer Helmut Dedy. Der Bund habe sich geweigert, Vereinfachungen im Gesetz wie zum Beispiel Pauschalen einzuführen, die eine zügigere Auszahlung ermöglicht hätten. "Das ist eine Bauchlandung mit Ansage", sagte er.
Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) hatte die Reform indes als "größte Wohngeldreform in der Geschichte der Bundesrepublik" gelobt und betont, dass im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens eine Reihe von Vereinfachungen aufgenommen worden seien.
Mehr Haushalte können Wohngeld beantragen
Der Bundesrat hatte am Freitag der Reform zugestimmt. Demnach könnten im nächsten Jahr zusätzlich zu den bisher 600.000 Haushalten bundesweit bis zu 1,4 Millionen weitere Anspruch auf einen staatlichen Zuschuss zur Miete bekommen. In NRW könnte die Zahl der Berechtigten von etwa 160.000 auf bis zu 480.000 Haushalte steigen, sagte Scharrenbach.
Wohngeld können Haushalte beantragen, die zwar keine Sozialleistungen beziehen, trotzdem aber wenig Geld haben. Künftig sollen auch Menschen in den Genuss von Wohngeld kommen, die den Mindestlohn verdienen oder eine Rente in vergleichbarer Höhe haben.
Über dieses Thema berichten wir im WDR am 26.11.2022 auch im Hörfunk: Hauptnachrichten 8 Uhr.