"In der Ruhe liegt die Kraft" - Labelstories: Windham Hill
Stand: 12.12.2023, 16:01 Uhr
In unserer Reihe "Labelstories", die Sie unregelmäßig an dieser Stelle hören, stellt Ihnen die WDR5-Musikredaktion Plattenlabel vor, von geschichtsträchtigen Musikpionieren bis zu gut gehüteten Untergrund-Schmuckstücken. Heute geht es um das Label Windham Hill.
Von Torsten Eßer
Der Gitarrist William Ackerman wollte eigentlich Schreiner und Bauunternehmer bleiben, einen Beruf, den er sich nach Abbruch seines Englisch- und Geschichtsstudiums ausgesucht hatte. Er arbeitete zufrieden in seinem 1972 gegründeten Betrieb "Windham Hill Builders" in Palo Alto, Kalifornien. Aber es kam anders: Insistierende Zuhörerinnen und Zuhörer und eine Zufallsbegegnung ließen ihn zum Labelgründer und -chef werden:
Mit seiner Freundin, Anne Robinson, beschloss er dann 1976 ein Label zu gründen, benannt nach seiner Konstruktionsfirma: Windham Hill Records. Schon bald kamen weitere Künstlerinnen und Künstler hinzu, einer der ersten war Alex de Grassi, ebenfalls Gitarrist und Cousin von Ackerman. Seine Alben wurden zu den ersten Bestsellern des jungen Labels. Aber die Anfangsjahre waren dennoch nicht einfach für das junge Label: Ackerman arbeitete weiter auf seinen Baustellen und fuhr zwischendurch mit seinem alten Volvo im Großraum San Francisco von Shop zu Shop, um seine Tonträger anzupreisen. Seine Freundin, eigentlich Buchhändlerin von Beruf, übernahm unterdessen das Design und das Marketing. Dann verhalf eine weitere Begegnung dem Label zu ungeahntem Erfolg:
Die Alben des 2023 verstorbenen George Winston verkauften sich zu Beginn der 1980er Jahre hundertausend- ja sogar millionenfach und wurden mit Gold und Platin ausgezeichnet. Und sie lenkten das Interesse auch noch mehr auf die anderen Windham Hill-Produktionen. Infolgedessen musste das Label wachsen: Leute wurden eingestellt, Büros in anderen Städten und eigene Läden eröffnet, der Vertrieb mit einem großen Partner organisiert, A&M-Records. Sub-Label für Jazz und Kindermusik wurden gegründet. Und es kamen immer mehr Künstlerinnen und Künstler zum Label.
Der Stil der Künstlerinnen und Künstler auf Windham Hill war nicht einheitlich und bewegte sich irgendwo zwischen Folk, New Age, Fusion, Jazz und manchmal Klassik. Einige Alben gelangten sogar in die Pop-Charts. Manche Musikläden gaben dem Label deswegen, sowie aufgrund seines großen Erfolgs, eine eigene Rubrik. Die Musik war fast immer instrumental, etwas, das bis dahin auf dem US-Musikmarkt eher selten erfolgreich war. Aber die fließende Ruhe und die Zeitlosigkeit der meisten Musiken, die hohen Produktionsstandards sowie das klassische, kühle Design der Cover, hatten großen Erfolg beim Mittelklasse-Publikum der 80er Jahre. Ende der 80er Jahre wurde William Ackerman die Sache zu groß, er wollte anders leben. So verkauften William Ackerman und Anne Robinson Windham Hill Records 1989 an Polygram, später landete es bei BMG. Aber Ackerman machte weiterhin Musik…
Gespielte Titel:
William Ackerman - Processional
William Ackerman - Remedios
Alex de Grassi - Western
George Winston - Thanksgiving
Shadowfax - A thousand Teardrops
Angels of Venice - After the Harvest
Tim Story - In the Winter’s Pale
Scott Cossu - Cristano Sojourn
Michael Hedges - Aerial Boundaries
Modern Mandolin Quartet - Assanhado
William Ackerman - For Carmine