Feature
Auf den Spuren von Ingelore Silberbach – ein jüdisches Schicksal
Die amerikanische Unternehmensberaterin Terry Mandel weiß wenig über das Aufwachsen ihrer Mutter in Köln. Jahre nach deren Tod erhält sie eine E-Mail von Anna, einer Kölner Schülerin. Terry fährt in die Heimatstadt der Mutter und versteht, welche schmerzlichen Erfahrungen diese nicht teilen konnte.
- Sendehinweis: Neugier genügt | Heute, 10.04 - 12.00 Uhr | WDR 5
Terry Mandel wuchs auf mit einer Mutter, die nicht mehr als nötig von der eigenen Kindheit und Jugend in Köln erzählte, von wo sie 1938 flüchten musste. "Wir sind alle rausgekommen, alles ist gut, Zeit weiterzumachen." Weiteren Gesprächen über die Zeit in Köln ging Ingelore Silberbach, Terrys Mutter, aus dem Weg. Zwar fragte sich Terry schon als Kind: Wenn alles gut ist, warum ist es dann verboten, darüber zu sprechen? Aber sie arrangierte sich lange mit dem Unausgesprochenen.
Ingelore Silberbach, die Mutter von Terry Mandel, als junge Frau in Köln
Eine E-Mail von Anna, einer Kölner Schülerin, mehr als 20 Jahre nach dem Tod der Mutter, wird zum Beginn einer Suche nach Antworten. Anna recherchiert für ein Schulprojekt zur Biographie von Ingelore Silberbach. Ihre Recherche wird zu einer dreimonatigen interkulturellen, generationenübergreifenden Zusammenarbeit mit Terry, die auf diesem Weg einiges über das frühe Leben ihrer Mutter erfährt.
Zur Stolpersteinverlegung am letzten Wohnsitz der Familie Silberbach in Köln reist Terry Mandel nach Deutschland und trifft dort auf Rita von Schwartzenberg, die gemeinsam mit ihr weitere Details aus der Vergangenheit der Mutter und ihrer Familie ergründet. Eine Vergangenheit mit vielen Auslassungen, auch heute noch. Terry muss schmerzliche Wahrheiten aushalten – und versteht schließlich das Schweigen ihrer Mutter.
Mittlerweile reist Terry Mandel hin und her zwischen ihrem Geburtsland und dem ihrer Mutter. Sie kämpft an gegen das Vergessen und "Ausradieren" und hat das "Unerasure Project" gegründet – auch um zu vermitteln, dass Erinnerungskultur keine einseitige Angelegenheit sein darf.
Autorin: Larissa Schmitz
Redaktion: Gundi Große
Im Feature wird aus dem Buch eines Cousins von Terry vorgelesen:
Vernon Katz (2023): Der Blaue Salon und andere Torheiten. Eine Jüdische Kindheit im ländlichen Deutschland der 1930er-Jahre. Bielefeld, Münster: Verlag für Regionalgeschichte. 405 Seiten. ISBN 978-3-7395-1420-8.