ZeitZeichen
30.08.1872 - Einweihung des Potsdamer Bahnhofs in Berlin
Stand: 20.04.2016, 11:39 Uhr
Nein, Liebe auf den ersten Blick ist es nicht, als Kaiser Wilhelm I. am 30. August 1872 seinem Salonwagen entsteigt. Hier ein alternder Regent, gerade zurückgekehrt von einer sommerlichen Kur in Bad Gastein – dort ein hochmoderner Verkehrspalast, der mit seiner historisierenden Fassade nur halbherzig zu verbergen sucht, wie schnell und rastlos die Welt geworden ist.
Von Kerstin Hilt
Rund um den Potsdamer Bahnhof wird Berlin bald am lautesten und sündigsten. In unmittelbarer Nachbarschaft: Büros, Banken, Amüsierbetriebe; die Kreuzung direkt vor dem Gebäude wird in den 1920ern zum wohl verkehrsreichsten Platz Europas. Im Zweiten Weltkrieg wird der Bahnhof zerbombt und vegetiert bis zum Mauerfall im Niemandsland zwischen Ost und West dahin.
Heute ist er ganz in den Untergrund verbannt: Regionalzüge halten hier, außerdem die U- und S-Bahn. Eine weitere U-Bahnlinie ist geplant, doch auf die wird der Potsdamer Bahnhof wohl noch eine Weile warten müssen: Berlin mag sexy sein, ist aber vor allem arm.
Redaktion: Ronald Feisel