ZeitZeichen
14.01.1772 - Hinrichtung Susanna Margaretha Brandt
Stand: 16.11.2016, 15:22 Uhr
Ein Kriminalfall erhitzt die Gemüter Frankfurts: Eine junge Frau namens Susanna Margaretha Brandt wird von einem durchreisenden Handwerker geschwängert, bringt ihr Kind heimlich auf die Welt und verscharrt es anschließend. Es ist zunächst unklar, ob das Kind tot oder lebendig zur Welt kam. Die Mutter des toten Kindes bestreitet, selbst Hand angelegt zu haben.
Von Marko Rösseler
Doch Würgemale und zahlreiche Knochenbrüche am Körper des Säuglings scheinen das Gegenteil zu belegen. Die Richter verhandeln über das Strafmaß. Nach dem immer noch gültigen, 200 Jahre alten Gesetzeskodex werden Kindsmörderinnen "lebendig begrabt und gepfehlt". Denn da das Kind ohne Taufe nie ins Paradies kommen wird, gilt die Tat als besonders schändlich.
Die Frankfurter Richter entscheiden sich für eine einfache Enthauptung. Bei der Vollstreckung des Urteils schaut auch ein junger Advokat namens Johann Wolfgang Goethe zu. Ihn wird das Schicksal der Susanna Margaretha Brandt rühren und als Vorlage für seine "Gretchentragödie" im Urfaust dienen.
Und doch wird Goethe sich später selbst für das Todesurteil an einer Kindsmörderin aussprechen. Gleichzeitig dichtet er: "Edel sei der Mensch, hilfreich und gut..."
Redaktion: Michael Rüger