Der französische Erfinder Roland Moreno

29. April 2012 - Der Erfinder Roland Moreno stirbt in Paris

Stand: 22.04.2022, 10:27 Uhr

Dem Franzosen Roland Moreno verdanken wir Bahnbrechendes: Dank seiner kontaktlose Chipkarte gibt es heute Handy-SIM und elektronische Bankkarten - ohne Moreno sähe das 21. Jahrhundert anders aus.

Dabei hat der spleenige Franzose viel lieber an Abseitigem getüftelt: Seinem Erindergeist entspringt so Verzichtbares wie die Münzwurf-Maschine, das elektronische Miniatur-Klavier mit acht Tönen oder der Taschenrechner, der zu allen Ergebnissen eine 1 hinzufügt.

Roland Moreno, unangepasstes Genie (Todestag, 29.04.2012)

WDR Zeitzeichen 29.04.2022 14:48 Min. Verfügbar bis 29.04.2099 WDR 5


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Ein Patent für die "Flohkarte"

1971 entdeckt der originelle Zeitgenosse im Alter von 26 Jahren zufällig die Existenz programmierbarer Festwertspeicher und wie man sie in vielseitig verwendbare Karten einbauen könnte.

1974 meldet Moreno das Patent eines "elektronischen Zahl-Chips" an. "Carte à puce" nennt er die neue Idee, wörtlich "Flohkarte". Was mit seinem kuriosen Prototyp zu tun hat, einer Art äußerst unpraktischem Siegelring mit Anschluss-Beinen. Ein Teil wie aus einem "Star Wars"-Film.

Den Anfang machen Telefonkarten

Das Patent von Roland Moreno beginnt in Frankreich seinen Siegeszug als Anwendung zunächst mit Telefonkarten. Das Fernsehen meldet schon 1989 den Verkauf von über 100 Millionen Telefonkarten.

Der Erfinder selbst ist "etwas skeptisch"

Roland Moreno hinterlegt 43 Patente für Anwendungen und Weiterentwicklungen seiner Chipkarte, deren Anwendungsmöglichkeit er eigentlich auf Bankkarten, Telefonkarten, Gesundheitskarten, für Parkhäuser und Pay-TV beschränkt sieht. Darüber hinaus ist er "etwas skeptisch".

Über 200 Unternehmen erwerben Lizenzen

Aber über 200 Unternehmen erwerben weltweit Lizenzen von Roland Morenos Erfindung, darunter die größten der Elektronik- und Informatikbranche.

Der Erfinder behauptet, das sei keinem seiner rund Dutzend Vorläufer gelungen, die auch Speicherkarten-Patente hinterlegt haben. Es habe ihm auch nie jemand gesagt, der "Floh" erinnere an etwas schon vorher Erdachtes.

Ein aufbrausender Zeitgenosse

Roland Moreno ist kein umgänglicher Mensch. Der Informatik- und Wirtschaftsjournalist Luc Fayard ist einer der wenigen Medienmenschen, mit denen der Erfinder auskommt. Meist gibt sich Morene eher zugeknöpft und misstrauisch. Und gerät leicht in Harnisch.

Zoff mit Wikipedia

Fayard berichtet zum Beispiel, dass Moreno sich nie mit Wikipedia über seinen Eintrag einigen konnte. Fayard ist "zufällig dabei, als er das erfolglos versuchte. Bei Wikipedia gibt es feste Regeln, man muss alles belegen können. Nichts für einen Rebellen wie ihn! Er stritt heftig mit ihnen, es gab richtigen Zoff, er schickte wütende Briefe, es war geradezu furchterregend!“

Der körperliche und seelische Verfall

Am Ende seines Lebens freut Roland Moreno sich mehr über seinen Eintrag im Konversationslexikon als über den höchsten französischen Verdienstorden. Seine Chipkarte hält er für eine der wenigen Erfindungen des 20. Jahrhunderts, die auch noch im 21. Bestand haben. Zufrieden ist er für Luc Fayard trotzdem nicht:

Zuletzt "war er praktisch bewegungsunfähig, weil er zu viel aß und trank. Er fuhr mit dem Aufzug nach unten, überquerte die Straße, setzte sich im nächsten Bistro an die Theke, trank ein Bier und nahm denselben Weg zurück. Das war sein täglicher Ausflug. Wahrscheinlich ließ er sich körperlich und seelisch gehen, man spürte, dass er sich nicht wohlfühlte. Ein trauriger Clown, ja.“

Roland Moreno stirbt am 29. April 2012 in Paris.

Autorin des Hörfunkbeitrags: Sabine Mann
Redaktion: David Rother

Programmtipps:

ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 29. April 2022 an den französisch-ägyptischen Erfinder Roland Moreno. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.

ZeitZeichen am 30.04.2022: Vor 210 Jahren: Geburt des Findelkindes Kaspar Hauser.