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Wilhelm Kempff, Pianist und Komponist

23. Mai 1991 - Pianist Wilhelm Kempff stirbt in Positano

Stand: 12.05.2021, 08:45 Uhr

Als Beethoven-Interpret setzt der Pianist Wilhelm Kempff Maßstäbe. Er prägt eine ganze Generation von Klaviervirtuosen - obwohl er im "Dritten Reich" Teil der Propaganda ist.

Wilhelm Kempff, Pianist (Todestag, 23.05.1991)

WDR Zeitzeichen 23.05.2021 13:51 Min. Verfügbar bis 24.05.2099 WDR 5


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"Ich habe nie viel geübt und tue es heute überhaupt nicht mehr." Wilhelm Kempff, der am 25. November 1895 geboren wird, ist hochmusikalisch. Er spielt so gut Klavier, dass er mit neun Jahren an der Berliner Singakademie Kompositionsunterricht bekommen soll. Doch er wird abgelehnt - man nehme keine Wunderkinder.

Darum erhält Wilhelm Privatunterricht. Seit Jahrhunderten sind die Männer der Familie Kempff Lehrer und Orgelspieler. Die ersten Lebensjahre verbringt Wilhelm auf der väterlichen Orgelempore im brandenburgischen Jüterbog. Sein erstes Solokonzert spielt er 1906 in Potsdam.

Klassisches Repertoire

Nach seinem Studium der Musikwissenschaften in Berlin gibt Wilhelm Kempff in ganz Europa Konzerte. Sein Repertoire ist klassisch: Beethoven, Schubert, Brahms. Er versteht sich als Interpret, der zwischen Publikum und Komposition vermittelt: "Falsch interpretiert ruft eine Sonate von Beethoven 'absolute Langeweile' hervor."

Für Kempff endet die Musikgeschichte bei Brahms. Die "Neutöner" um Arnold Schoenberg und Alban Berg verabscheut er. Das tun auch die aufstrebenden Nationalsozialisten. Für sie ist er der richtige Kandidat: Kempff bedient die Sehnsucht einer verunsicherten Gesellschaft nach der goldenen Vergangenheit.

Für Hitler-Fotos posiert

Als Adolf Hitler 1933 beim "Tag von Potsdam" die preußische Geschichte medienwirksam für seine Zwecke vereinnahmt, ist auch Kempff dabei. Er sitzt während des Gottesdienstes für die evangelischen Abgeordneten in der Nikolaikirche an der Orgel.

Kempff, der dem Diktator Mussolini eine Oper widmet, gilt als Vorzeigekünstler. Für das Auswärtige Amt unternimmt er Tourneen in die besetzen Gebiete: Polen, Frankreich, Griechenland. Er posiert für Hitler-Fotos und spielt noch im April 1945 auf Wunsch von Albert Speer das Schumann-Klavierkonzert.

Gratis-Kurse für den Nachwuchs

Kempff gibt dem NS-Regime die Möglichkeit, sich als kultiviert darzustellen - bis zuletzt. Trotzdem sieht der Historiker Werner Grünzweig in Kempff lediglich einen Mitläufer: "Er war kein Parteigenosse, er war niemand, der in der vordersten Front stand."

Nach dem Zweiten Weltkrieg kann Kempff seine Karriere problemlos fortsetzen. Er tritt weltweit auf. Gut 20 Jahre nach dem "Tag von Potsdam" spielt er auch wieder Orgel: in der Friedenskirche von Hiroshima. Ab 1957 veranstaltet er kostenlose Sommerkurse für Nachwuchspianisten in seiner italienischen Wahlheimat Positano. Dort stirbt er am 23. Mai 1991 mit 95 Jahren.

Autor des Hörfunkbeitrags: Niklas Rudolph
Redaktion: Hildegard Schulte

Programmtipps:

"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 23. Mai 2021 an Wilhelm Kempff. Das "ZeitZeichen" gibt es auch als Podcast.

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