Als sich die Emotionen zumindest ein wenig reguliert hatten, konnte sich Dominique Heintz im den Katakomben der Leverkusener sogar ein kleines Lächeln abringen. Sehr "stolz" sei er auf die Leistung des Kölner Teams, auch wenn "die Niederlage natürlich weh tut".
Das 2:3 (0:1, 2:2) n.V. im Viertelfinale des DFB-Pokals des 1. FC Köln bei Bayer 04 Leverkusen war eine dieser besonderen Partien, die es eigentlich nur in diesem Wettbewerb gibt - und wo das Adrenalin oft übersprudelt.
Ein Beispiel: "Was da bei Leverkusen teilweise rumläuft, mit welcher Arroganz, da muss ich mich beherrschen, was ich zu sagen habe", schimpfte eben jener Heintz bei der ARD unmittelbar nach Spielschluss und sichtlich verbittert. "Was die reingerufen haben, wie die sich präsentiert haben und wie sie uns zum Schluss provoziert haben", sagte er kurz darauf an anderer Stelle. Er finde es schade, "sie sind deutscher Meister und so eine gute Mannschaft, die haben es gar nicht nötig, uns nach dem Spiel so anzufallen und so arrogant zu sein".
Ausdruck der eigenen Enttäuschung
Der Kölner Verteidiger stand in diesen Momenten noch unter dem frischen Eindruck, gerade ein tragischer Verlierer geworden zu sein. Der Underdog aus Köln hatte den großen Favoriten aus Leverkusen stark geärgert war sogar hauchzart davor, der Werkself ein Bein zu stellen.
Die Gastgeber benötigten einen herbei gezitterten Last-Minute-Treffer, der noch für die Verlängerung sorgte. Der Bundesligaabsteiger aus Köln brachte den Double-Sieger ganz nah an den Abgrund - nur ein paar Sekunden, der allerletzte kleine Schubser, fehlten.
Die Anklage von Heintz war deshalb wohl vor allem ein Ausdruck der eigenen großen Enttäuschung. Diese enorme Dramatik und die sich überschlagenden Ereignisse hatten das Nervenkostüm eines jeden Spielers arg strapaziert.
Alonso nimmt der Diskussion die Energie
Der erfahrene Bayer-Trainer Xabi Alonso jedenfalls wollte sich auf derlei Wortgefechte und Auseinandersetzungen gar nicht erst einlassen, nicht zuletzt, weil er um das Gefühlschaos weiß, das Sportler wie Heintz nach solch "einer bitteren Niederlagen" erleben - und die dann auch schon mal über das Ziel hinaus schießen.
Dieser hauchdünne Erfolg der Leverkusener. Die schier unendliche Zahl an Zweikämpfen und Kilometern, die beide Mannschaften in diese Partie eingebracht hatten. Die Bitternis der Kölner über die acht Minuten andauernde Nachspielzeit in der zweiten Halbzeit. Ein nur um Millimeter aufgrund einer Abseitsstellung nicht geglückter Ausgleich des FC kurz vor Ende der Verlängerung. Das alles hinterließ natürlich Spuren.
"Es war ein intensives Spiel von beiden. Ich habe keine Arroganz bei meinen Spielern gesehen. Sie haben gekämpft und gefeiert. Ich habe auch etwas gesehen, aber was auf dem Platz passiert, bleibt für mich immer auf dem Platz", sagte Alonso und nahm dem Thema damit schnell die Energie.
Auf Schick und Boniface war Verlass
Vielmehr wandte sich der 43-Jährige sportlichen Themen zu. Der Spanier schien sich darüber zu wundern, wie wenig Lösungen seine Spieler gegen die kompakt aber vor allem mit viel Herzblut verteidigenden Kölner gefunden haben.
Topstar Florian Wirtz wirkte gegen seinen alten Jugendklub übermotiviert, Spielmacher Granit Xhaka seltsam uninspiriert. "Es war sicher nicht unser bestes Spiel. Aber wie sind glücklich, dass wir eine Runde weiter sind", sagte Alonso. Nur auf die Stürmer Patrik Schick (2 Tore) und Victoer Boniface (1 Tor), die ausnahmsweise und aufgrund der Tor-Not zusammen auf dem Spielfeld standen, war an diesem Abend verlass.
Hübers: "Gerne häufiger wieder solche Partien"
Der FC hatte sehr lange die richtigen Mittel gefunden, die spielerische Übermacht des Gegners in die richtigen Bahnen zu lenken. "Wir haben einen ganz ordentlichen Plan hingelegt und die Jungs haben vieles gut umgesetzt. Das war jetzt nicht magic sondern ein extremer Schulterschluss innerhalb der Mannschaft", sagte FC-Trainer Gerhard Struber.
Zudem stimmte die Effektivität vor dem gegnerischen Tor. Zwei Schüsse, zwei Treffer. Damion Downs und Linton Maina trafen für den FC nach sehenswerten Kontern. Dass das alles dennoch nicht für einen Sieg reichte, war für die Kölner umso enttäuschender.
Geradezu besonnen und mit Weitblick äußerte sich am späten Abend dann auch Timo Hübers. "Solch ein Spiel ist doch Anreiz, künftig wieder häufiger solche Partien spielen zu können", sagte der FC-Innenverteidiger auch schon mit Blick auf das nächste Zweitliga-Spiel am kommenden Sonntag gegen den FC Schalke 04.
"Wir sollten zusehen, dass wir bis Saisonende nicht mehr allzu viele Plätze in der Tabelle verlieren. Denn zu solchen Spielen wie diesen fährt man mit einer ganz anderen Spannung hin", so Hübers. Von einem möglichen Kräfteverschleiß nach dieser überaus intensiven Begegnung war keine Rede. Hübers richtete seinen Blick allein auf das Ziel Wiederaufstieg.
Für die Leverkusener geht es nach der kräftezehrenden Partie am Samstag beim VfL Wolfsburg darum, schnell wieder den Faden aufzunehmen, den sie gegen die Kölner zwischenzeitlich verloren hatten. Denn das Ziel der Werkself bleibt nicht weniger als die Titelverteidigung in der Meisterschaft.