Die Liste der Vergnügungen während des Wiener Kongresses ist lang. Neben Feuerwerken, Militärparaden, Wildschweinjagden und Schlachtfeldbesichtigungen gibt es Festessen, Galakonzerte und Maskenbälle. Beim Gipfeltreffen des europäischen Hochadels und seiner Diplomaten, das von September 1814 bis Juni 1815 dauert, wird aber auch Politik gemacht. Nach der entscheidenden Niederlage Napoleons bei der Völkerschlacht 1813 soll das vornapoleonische Europa wieder hergestellt werden.
Mit dem Segen der Siegermächte Russland, Österreich, Großbritannien entsteht so die niederländische Nation: "Das Vereinigte Königreich der Niederlande ist ja in Wien zwischen zwei Tänzen gegründet worden, so hat es einmal Prinz Klaus gesagt", so der deutsch-niederländische Historiker Christoph Driessen. Das Territorium des neuen Staates habe die Niederlande, Belgien, Luxemburg und einen kleinen Teil Nordfrankreichs umfasst. "Das hat alles einmal zusammengehört und jetzt sagte man: 'Gut, lasst uns das alles wieder zusammenfügen'." Das Vereinigte Königreich der Niederlande soll die Siegermächte als Pufferstaat vor zukünftigen Expansionsgelüsten Frankreichs schützen.
Wilhelm von Oranien begründet die niederländische Erbmonarchie
Die Vorgeschichte der Staatsgründung: Bereits Ende des 18. Jahrhunderts marschiert Napoleon mit seiner Revolutionsarmee von Sieg zu Sieg. Dabei erobert er neben Belgien 1806 auch die Niederlande, die zuvor eine Republik nach dem revolutionären Vorbild Frankreichs versucht haben. Der selbst ernannte Kaiser macht daraus ein Königreich und setzt seinen Bruder Louis auf den Thron, der das Land als verlängerter Arm des Korsen regieren soll. Doch Napoleon unterschätzt die Eigenständigkeit des kleinen Bruders. Nach wenigen Jahren setzt er den volksnahen Louis ab, schickt ihn ins Exil und besetzt die Niederlande.
Die französische Besatzungszeit in den Niederlanden endet erst 1813 mit Napoleons Niederlage bei der Völkerschlacht in Leipzig. Gewinner der anschließenden Friedenskonferenz in Wien ist Wilhelm von Oranien: Er wird am 16. März 1815, noch während des Wiener Kongresses, zum König des neuen Staatsgebildes gewählt - und begründet damit die niederländische Erbmonarchie des Hauses Oranien. Wilhelm I. lässt allerdings kaum eine Gelegenheit aus, seine katholisch-belgischen Untertanen zu brüskieren. Seine Politik ist ganz auf protestantisch-niederländische Interessen ausgerichtet. Zudem erschweren unterschiedliche religiöse Bekenntnisse und Sprachen das Zusammenwachsen der frankofonen Belgier und der Niederländer. Dazu kommt, dass Belgien doppelt so viele Einwohner hat und industrialisiert ist, während Holland vom Handel lebt.
Aufstand der Belgier
Das Ende der ungleichen Partnerschaft beginnt am 25. August 1830. An diesem Abend steht in Brüssel die Oper "La muette de Portici" des französischen Komponisten Daniel-Francois-Esprit Auber auf dem Programm. Sein Werk über den Volksaufstand in Neapel trifft den Nerv der unzufriedenen Belgier. Es kommt zum Aufstand gegen ihre Nachbarn. Als der niederländische König die Revolte blutig niederschlägt, erklären sich die Süd-Niederländer für unabhängig und bezeichnen sich als Belgier. Die Großmächte erkennen den neuen Staat an - damit ist das Experiment eines vereinigten Königreichs gescheitert.
Zwar versucht Wilhelm I. noch fast zehn Jahre lang vergeblich, die Einheit mit Gewalt wieder herzustellen. 1840 dankt er jedoch ab. Das Reich zerfällt in die zwei unabhängigen Königtümer Belgien und Niederlande.
Stand: 16.03.2015
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