Hugo Strasser, 2012

7. April 1922 - Tanzorchester-Chef Hugo Strasser wird geboren

Stand: 07.04.2017, 00:00 Uhr

In Yvonne Wichtrups Tanzschule gibt vor allem einer den Takt vor: Hugo Strasser, für die Münsteranerin der beste Orchestermusiker überhaupt: "Einfach schöne Musik, klarer Takt und nicht so schnell", schwärmt die Tanzlehrerin. Strassers Musik bringe nicht nur Senioren in Stimmung, sondern gebe auch den Jungen genau das richtige Taktgefühl für die ersten Schritte auf dem Parkett.

James Last ist der King der Party-Musik, Paul Kuhn der jazzige "Mann am Klavier" und Max Greger der fingerschnipsende Show-Bandleader. Hugo Strasser ist der Karajan der Standard- und lateinamerikanischen Tänze. 40 Jahre lang liefert er mit seinem Orchester den Sound zu Gala-Veranstaltungen und bedeutenden Tanz-Turnieren. "Wenn Hugo Strasser gespielt hat, dann konnten wir schweben", erinnern sich die 13-fachen Tanz-Weltmeister Bill und Bobbie Irvine.

Karrierestart in Max Gregers Orchester

Als Sohn eines musikbegeisterten Schulhausmeisters kommt Hugo Strasser am 7. April 1922 in München zur Welt. Mit sieben spielt er als Mundharmonika-Virtuose im Bayerischen Rundfunk vor. 1937 beginnt Strasser ein Studium an der Münchener Akademie der Tonkunst, wo er die Klarinette für sich entdeckt: "Dem Professor habe ich von Anfang an klar gemacht, dass ich mich ganz dem Swing verschrieben habe."

Den lässigen Sound aus Amerika lässt sich Strasser auch von den Nazis nicht verbieten. Obwohl harte Strafen drohen, hört er auf "Feindsendern" die Musik seiner Idole Benny Goodman und Artie Shaw. Nach Kriegsende swingt Strasser mit großem Erfolg in Clubs der US Army. Dort begegnet er Max Greger, der den Freund aus München 1949 in sein neues Orchester holt. Nach fünf Jahren bei Greger gründet "Klarinetten-Hugo" 1955 seine eigene 16-Mann-Big Band.

Welterfolge auch als Komponist

Anfangs wird Strasser vor allem für Faschings- und Filmbälle in München gebucht. Durch Auftritte bei Tanzturnieren erkennt er die Bedeutung exakter Taktvorgaben und Rhythmen für die Tanzsportler. In Abstimmung mit dem Deutschen Tanzlehrerverband richtet er seine Arrangements fortan auf die Erfordernisse von Amateur- und Profitänzern aus. Bald genießt das Hugo Strasser Orchester den Ruf als eines der besten Tanzorchester weltweit.

Auch auf dem Schallplattenmarkt wird der Bandleader, Klarinettist und Komponist zur festen Größe. Sein Stück "Lonely Trumpet" verhilft dem Trompeter Ray Anthony 1957 zu einem Welthit. Von 1966 bis 1996 veröffentlicht Strasser jährlich die "Tanzplatte des Jahres" - unverzichtbar für alle, die nach der Tanzschule daheim üben wollen. Tanzmuffel lernen Hugo Strasser und sein Orchester als Gast in vielen Fernsehshows wie "Musik ist Trumpf" kennen.

Standing Ovations für die "Swing-Legenden"

Als die Ära der großen Tanzorchester zu Ende geht, löst Hugo Strasser seine Formation Mitte der 90er Jahre auf. Einige seiner Musiker haben ihm vom ersten Tag an die Treue gehalten. Von seinem Publikum verabschieden will sich der bekennende Nicht-Tänzer Strasser aber noch lange nicht. "Was soll ich zu Hause? Ich brauche das und spiele jeden Tag", sagt er in einem Interview. "Den Leuten mit meinem Sound schöne Momente bringen, das ist für mich auch Medizin."

Ein ganz großes Comeback erlebt Strasser, als er von 2000 an gemeinsam mit den alten Freunden Max Greger und Paul Kuhn auf Deutschland-Tournee geht. Nach dem Tod von Kuhn 2013 und Greger 2015 übernehmen deren Söhne und Enkel den Part der "Swing-Legenden". Hugo Strasser, der Grandseigneur an der Klarinette, hält bis zuletzt die Stellung und sein Publikum dankt es ihm mit Standing Ovations. Wenige Wochen nach seinem letzten Konzert stirbt Hugo Strasser am 17. März 2016 kurz vor seinem 94. Geburtstag.

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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 7. April 2017 ebenfalls an Hugo Strasser. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.

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