25. Januar 2007 - Peter Hartz wird verurteilt

Stand: 25.01.2017, 00:00 Uhr

Anfang der 90er Jahre steckt VW in großen Schwierigkeiten. 560 Millionen Euro Verlust und hohe Schulden belasten das Wolfsburger Unternehmen, das kurz vor der Übernahme durch einen anderen Autobauer steht. Die Arbeit ist einfach nicht effektiv genug: Während ein Mitarbeiter bei Opel 17 Autos im Jahr produziert, sind es bei VW gerade einmal zwölf.

1993 wird Ferdinand Piëch Vorstandsvorsitzender von VW. Er stellt ein neues Team zusammen, das das Unternehmen aus der Krise führen soll. Für den Einkauf holt er Jose Ignatio Lopez von General Motors, der die Preise bei den Zulieferern drastisch drückt. Arbeitsdirektor wird Peter Hartz. Sein Auftrag: Die Belegschaft um 31.000 Mitarbeiter zu verringern. Jeder zehnte Beschäftigte bei VW soll gehen.

"Jeder Arbeitsplatz hat ein Gesicht"

Hartz hat gute Referenzen. Im Saarland hat er im Zuge einer Umstrukturierung der Stahlindustrie bei der Dillinger Hütte auf ein Drittel reduziert – und das ohne eine einzige Entlassung. "Jeder Arbeitsplatz hat ein Gesicht", lautet das Motto des SPD-Mitglieds. Auch bei VW versucht Hartz, sozialverträglich und marktwirtschaftlich zugleich zu agieren. Er erarbeitet kreative Lösungen, die Entlassungen verhindern sollen, die aber natürlich trotzdem mit Einschnitten verbunden sind. Hartz weiß, dass VW bei einer Entlassungswelle erst einmal zwei Milliarden Euro Abfindung drohen. Deshalb führt er die Vier-Tage-Woche ein, die die Personalkosten mit einem Schlag stark senkt. Mit der Unterstützung des Betriebsrats und der IG Metall.

2005 fährt VW schon wieder einen Gewinn von 1,6 Milliarden Euro ein. Bugatti, Lamborghini und Bentley gehören inzwischen zum Konzern. Da hat Hartz von Gerhard Schröder (SPD) als Kanzlerberater bereits den Auftrag erhalten, den Arbeitsmarkt zu reformieren. Die "Hartz-Reformen", von denen er sich später teils distanziert, werden zu einem wesentlichen Bestandteil der von der Bundesregierung so genannten Agenda 2010.

Zwei Jahre auf Bewährung

Mitte 2005 dann wird ruchbar, dass der Personalchef der VW-Tochter Skoda Helmuth Schuster sowie der VW-Personalmanager Klaus-Joachim Gebauer und der Vorsitzende des VW-Gesamtbetriebsrates Klaus Volkert an Tarnfirmen beteiligt waren, die von Geschäften mit VW profitierten. VW-Chef Bernd Pischetsrieder wittert eine Chance, die alten Strukturen aufzubrechen, Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU), der im Aufsichtsrat sitzt, will die Affäre im Wahlkampf nutzen. Auch Gebauer versorgt die Presse über seinen Anwalt, den FDP-Politiker Wolfgang Kubicki, gezielt mit Informationen, um von seiner Person abzulenken.

In dieser Gemengelage gerät Peter Hartz ins Kreuzfeuer. Es kommt heraus, dass er ausgewählten Betriebsräten im Verbund mit Gebauer über rund zehn Jahre Vergnügungsreisen mit Prostituierten finanziert hat, um Arbeitszeitmodelle durchzudrücken und Streiks abzuwenden. Im Juli 2005 tritt Hartz von seinem Posten im VW-Vorstand zurück, 2006 wird ein Strafverfahren wegen Untreue in 44 Fällen gegen ihn eröffnet. Er gesteht – und erspart sich somit einen langjährigen Prozess mit den Aussagen der Prostituierten. Am 25. Januar 2007 wird er zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung und einer Geldstrafe von rund 580.000 Euro verurteilt. Heute kümmert sich Hartz im Saarland um ein Projekt, dass Arbeitslose auf neue Jobs vorbereitet.

Programmtipps:

Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.

"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 25. Januar 2017 ebenfalls an die Verurteilung von Peter Hartz. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.

Stichtag am 26.01.2017: Vor 40 Jahren: Erstausgabe der Zeitschrift "Emma" erscheint