Vladimír Mečiar (links) und Václav Klaus beschließen am 26.08.1992 die Auflösung der Tschechoslowakei in der Villa Tugendhat in Brno

26. August 1992 - Regierungsbeschluss zur Auflösung der Tschechoslowakei

Stand: 26.08.2017, 00:00 Uhr

Zwei Politiker beschließen, ein Land zu teilen. Am 26. August 1992 treffen sich die Ministerpräsidenten Václav Klaus und Vladimír Mečiar und entscheiden in wenigen Stunden. Die Tschechoslowakei wird vier Monate später in zwei Republiken geteilt: Tschechien und die Slowakei. Eine Grenze wird gebaut. Was an dieser Teilung so tragisch ist: Ein Großteil der Tschechen und Slowaken wollen sie nicht.

"Das stimmt! Es war zum Weinen", erinnert sich Pavel. Er gehört zu einer Gruppe von Tschechen und Slowaken, die sich in Köln regelmäßig zum tschechoslowakischen Stammtisch treffen – obwohl es diese alte Heimat seit mehr als zwei Jahrzehnten nicht mehr gibt. "Da ist etwas passiert, was bedenklich ist. Denn im Großen und Ganzen haben sich zwei Ministerpräsidenten getroffen und das Land aufgeteilt, als ob ihnen das Land gehören würde." Und Karel ergänzt: "Wir haben das nicht akzeptiert. Die Trennung existiert für uns nur auf dem Papier."

Beschluss über Teilung der Tschechoslowakei (am 26.08.1992)

WDR 2 Stichtag 26.08.2017 04:14 Min. Verfügbar bis 24.08.2027 WDR 2


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Politiker sind sich uneins über die gemeinsame Zukunft

Es ist ein Paradox. Wie kann ein Staat zerbrechen – entgegen der Mehrheit der Bürger? Und das in einer Zeit, in der der Ostblock zerfällt, also die Tschechoslowakei eigenständig politisch und wirtschaftlich handeln kann? Genau das ist die Ursache: Die Politiker sind sich über die gemeinsame Zukunft uneins.

"Die Slowakei war deutlich mehr von der Landwirtschaft geprägt und in der kommunistischen Zeit wurde dort eine starke Rüstungsindustrie aufgebaut. Während die Tschechen nach 1990 relativ schnell eine Marktwirtschaft aufbauen wollten und den staatlichen Einfluss weit zurückschrauben wollten, hatte man im slowakischen Teil Angst, was passiert, wenn die staatliche Unterstützung wegfällt", erklärt Sebastian Lambertz, Historiker für osteuropäische Geschichte an der Universität Köln.

Teilung in wenigen Stunden beschlossen

Diese slowakische Angst existiert seit der Gründung der Tschechoslowakei im Jahr 1918. Nun flammt sie wieder auf. Und die Politiker Tschechiens lassen die Slowaken aus Überheblichkeit ziehen. "Das war aber eine Ansicht der intellektuellen Führungsschicht und nicht der breiten Bevölkerung", sagt Lambertz.

Der Anfang ist für beide Staaten nicht leicht. Jeder für sich kämpft damit, eine freie Marktwirtschaft aufzubauen. Letztendlich haben beide Republiken ihren Platz gefunden, auch in der Europäischen Union.

Als hätte es den 26. August 1992 nie gegeben

Seit beide Länder Mitglied der EU sind, ist die unliebsame Grenze wieder weggefallen. Das Leben geht für viele Slowaken und Tschechen so weiter, als hätte es den 26. August 1992 nie gegeben.

"Grundsätzlich haben beide Regionen ein gutes und nachbarschaftliches Verhältnis. Auf privater Ebene spielt es keine große Rolle, ob man Tscheche oder Slowake ist", sagt der Historiker Sebastian Lambertz.

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