30 Minuten, die Fernsehgeschichte schreiben: Klaus Kinski lümmelt im Ledersessel herum, lange Haare, das Jeanshemd weit offen. Ihm gegenüber ein gut gekleideter und zunehmend konsternierter Moderator: Reinhard Münchenhagen, der dem Schauspieler vor allem als Stichwortgeber dient.
Kinski mischt im Juli 1977 die WDR-Talkshow "Je später der Abend" auf. "Ich hatte darauf gehofft, dass er nicht der liebe, leise Langweiler war - also ein bisschen Rabatz hatte ich mir schon vorgestellt", sagt Münchenhagen später. "Es kam dann so dick, dass ich doch überrascht war." Für Kinski hingegen sei es nur eine Show gewesen. "War gut so?", habe dieser nach der Sendung gefragt.
Im Knast gesessen
Dabei kennt sich der am 24. November 1940 in Rostock geborene Münchenhagen mit kniffligen Situationen aus. Nach einem Job bei der "Münsterschen Zeitung" wechselt er 1964 nach Köln zum WDR und ist vier Jahre später bei den Studentenprotesten mit dabei - als teilnehmender Beobachter.
"Ich habe mich - ohne äußerlich für die Polizei erkennbar zu sein - zu den Demonstranten gesetzt", so Münchenhagen. Der Reporter wird mit 22 von ihnen festgenommen und denkt sich damals: "Hast im Knast gesessen - ist ja super! Jetzt kannste qua Medium gleich nochmal sagen, dass die Polizei einfach da viel zu brutal war."
Kein Lampenfieber
Schon bald moderiert Münchenhagen in Hörfunk und Fernsehen: "Ich hatte das Riesenglück von meiner Natur her, mit Angst und Lampenfieber nichts zu tun zu haben." 1974 präsentiert er im WDR Fernsehen "Spätere Heirat nicht ausgeschlossen", die erste deutsche Partnervermittlungssendung.
1976 wird Münchenhagen Gastgeber in der ersten deutschen Talkshow "Je später der Abend", er folgt auf Dietmar Schönherr und Hansjürgen Rosenbauer. "Das, was ich da gemacht habe, war anders als die beiden vor mir. Es war härter, aber: Die Leute haben es geliebt."
Bedürfnis wecken
Da er beim WDR wegen einer Bierwerbung in Ungnade fällt, wechselt Münchenhagen für einige Jahre zu den privaten Medien. Er ist unter anderem Chefredakteur beim RTL-Hörfunk. 1987 kehrt er zu den Öffentlich-Rechtlichen zurück. Er moderiert die "Aktuelle Stunde" beim WDR, die "NDR Talk Show" und ab 1991 zwölf Jahre lang die NDR-Vorabendsendung "DAS!".
Sein alter Leitspruch gilt für Münchenhagen auch heute: "Man kann den Zuschauer nur ändern durch Beeinflussung gegen seine Gewöhnung!" Das Bedürfnis nach Qualität könne beim Zuschauer und Zuhörer nur geweckt werden, "indem man ihm mal vorgeführt hat, was gutes Fernsehen und was guter Hörfunk ist".
Programmtipps:
Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.
"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 24. November 2020 ebenfalls an Reinhard Münchenhagen. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
Stichtag am 25.11.2020: Vor 50 Jahren: Centrum-Warenhaus am Berliner Alexanderplatz eröffnet