Die Nazis hassen die katholische Kirche: "Wir werden es niemals dulden, dass im völkischen Staat sich irgendetwas über die Autorität dieses völkischen Staates stellt. Es mag dies sein, was es sein will - auch keine Kirche", sagt Adolf Hitler am 29. April 1937 auf der NS-"Ordensburg" Vogelsang in der Eifel vor Kreisleitern der NSDAP. Im Reichskonkordat von 1933 hatte das NS-Regime kurz nach der Machtübernahme noch die Freiheit der Ordensgemeinschaften zugesichert, doch bald zeigt es sein wahres Gesicht: Orden und Klöster werden schikaniert. Es finden Hausdurchsuchungen, Verhöre und Beschlagnahmungen statt. In einer Geheimanweisung des Sicherheitsdienstes (SD), dem zur SS gehörenden Nachrichtendienst, heißt es im Februar 1938: "Die Orden sind der militante Arm der katholischen Kirche. Sie müssen daher von ihren Einflussgebieten zurückgedrängt, eingeengt und schließlich vernichtet werden."
"Kriegsbedingte Notwendigkeit"
Neben SS und Gestapo, die Heinrich Himmler unterstellt sind, beschlagnahmen auch die Gauleiter der NSDAP klösterlichen Besitz. Nach dem deutschen Überfall auf Polen werden die Klosterschließungen als "kriegsbedingte Notwendigkeit" beschönigt. Sie erreichen ihren Höhepunkt, als Martin Bormann - damals Stabsleiter bei Hitlers Stellvertreter Rudolf Hess und später Hitlers Privatsekretär - am 13. Januar 1941 in einem Geheimerlass an alle Gauleiter den sogenannten Klostersturm befiehlt. Die Klöster sollen in NS-Einrichtungen umgewandelt werden: "in Krankenhäuser, Erholungsheime, nationalpolitische Erziehungsanstalten oder Adolf-Hitler-Schulen". Bormann ordnet an: "Von diesen Möglichkeiten soll weitgehender Gebrauch gemacht werden." Im deutschen Machtbereich werden daraufhin 306 der etwa 1.600 Klöster enteignet, Mönche und Nonnen vertrieben. Das Benediktiner-Kloster Meschede im Sauerland wird als erstes geschlossen, ein Benediktinerinnen-Kloster in Bonn-Endenich zur Sammelstelle für Juden vor der Deportation gemacht. Auch Priesterseminare und andere kirchliche Institutionen sind von der Beschlagnahmung betroffen.
Bischof von Münster wehrt sich
Aus dem Vatikan kommt gegen den "Klostersturm" keine offizielle Beschwerde. Nur sein Botschafter in Deutschland, Cesare Orsenigo, protestiert gegen einzelne Aktionen. Auch deutsche Bischöfe beschweren sich bei staatlichen Stellen, meist jedoch erfolglos. Öffentliches Aufsehen erregen jedoch Predigten des Bischofs von Münster im Sommer 1941: Clemens August Graf von Galen kritisiert zum einen die von den Nazis betriebene "Euthanasie", die systematische Ermordung Behinderter. Zum anderen wendet er sich gegen die Enteignung von Klöstern: "Da jagt man Schuldlose, ja hochverdiente, von Unzähligen hochgeachtete Männer und Frauen aus ihrem bescheidenen Besitz", sagt von Galen am 13. Juli 1941.
Da Hitler innenpolitische Unruhen während des Krieges vermeiden will, teilt Bormann am 30. Juli 1941 den Gauleitern mit: "Der Führer hat angeordnet: Ab sofort haben Beschlagnahmen von kirchlichem und klösterlichem Vermögen bis auf weiteres zu unterbleiben." Kurz darauf stellen auch SS und Gestapo ihre Maßnahmen ein. Damit endet der systematische Raubzug gegen katholische Klöster - auch wenn bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs noch weiter einzelne Ordenseinrichtungen beschlagnahmt werden.
Stand: 13.01.2011
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