Studenten-Demo gegen Studienplatz- und Lehrermangel in Düsseldorf (1972 s/w)

Stichtag

27. März 1968 - Einführung des Numerus Clausus

Jeder Deutsche, so steht es in Artikel 12 des Grundgesetzes, darf seinen Beruf und die dazu erforderliche Ausbildung frei wählen. Doch bereits in der noch jungen Bundesrepublik sieht die Realität an den Hochschulen anders aus. Bestimmte Studiengänge wie Medizin oder Pharmazie sind schon in den 1950er Jahren so überlaufen, dass die Universitäten Zulassungsbeschränkungen erlassen müssen.

Das "größte Glück der größten Zahl" zu verwirklichen, hatte sich die deutsche Bildungspolitik zum Ziel gesetzt. Doch die Steigerung der Studentenzahlen wird kontinuierlich falsch eingeschätzt, der Hochschulausbau kommt kaum nach und dringend nötige Reformen der Organisation und Verwaltung von Universitäten werden verschleppt. Mitte der 60er Jahre kämpfen sich immer mehr Abiturienten durch einen Dschungel verschiedenster Zugangsvoraussetzungen an deutschen Unis.

Rektorenkonferenz regelt Uni-Zugang

Angesichts der "fast unerträglich gewordenen Überfüllung" der Universitäten, so der Hochschulrektor und Verfassungsrechtler Friedrich Klein, "stellt sich mehr und mehr das Problem der Verhängung einer Aufnahmesperre." Am 27. März 1968 legt die Westdeutsche Rektorenkonferenz (WRK) einen Maßnahmenkatalog vor, um die bestehenden Praktiken bei der Studienplatzvergabe zu vereinheitlichen. Dort heißt es: "Solange eine … Bildungspolitik nicht die erstrebte Entlastung zeitigt, sind die Universitäten zur Aufrechterhaltung ihrer Funktionsfähigkeit zu Zulassungsbeschränkungen gezwungen."

Für die Auswahl der Studienbewerber empfiehlt die Rektorenkonferenz eine komplizierte Punktewertung. Diese berücksichtigt neben der Abiturnote auch die Ergebnisse einer "fachspezifischen Eignungsprüfung", die Erlangung der Studienberechtigung über den Zweiten Bildungsweg, die Wartezeit und "besondere soziale Gesichtspunkte". Ausdrücklich stellt die WRK aber fest, dass die Einführung eines Numerus Clausus, aus dem Lateinischen übersetzt der "begrenzten Anzahl", nur als "zeitliche begrenzte Notmaßnahme" geplant ist.

Gründung der ZVS in Dortmund

Als Folge der Numerus-Clausus-Einführung bleiben zahlreiche Studienplätze in heiß begehrten Fächern unbesetzt, da sich qualifizierte Studienwillige an mehreren Universitäten gleichzeitig bewerben. Abgewiesene Bewerber klagen gegen die Vergabepraxis und ziehen bis vor das Bundesverfassungsgericht. Im Juli 1972 fällen die Karlsruher Richter ihr Urteil in Sachen Numerus Clausus und zwingen die Hochschulen zu einer "erschöpfenden Nutzung" ihrer Studienplatz-Kapazitäten. 21 Mal hat das höchste deutsche Gericht seither in Folgeurteilen seinen Spruch bestätigt, der damals zur Gründung der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) in Dortmund führt.

Die Zulassungsverfahren und Bewerbungsanforderungen sind zwar im Laufe der Jahre immer wieder nachgebessert worden. Doch der als befristete Notmaßnahme deklarierte Numerus Clausus beweist ein ebenso langes Leben wie die Mangelverwaltung durch die ZVS. Im Jahr 2010 wird die als "Studentenzwangsverschickung" verhasste Behörde durch die Stiftung für Hochschulzulassung (SfH) abgelöst, ebenfalls mit Sitz in Dortmund. Derzeit wickelt die SfH die Vergabeverfahren für die Studiengänge Medizin, Tiermedizin, Zahnmedizin und Pharmazie ab.   

Stand: 27.03.2013

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