"Mann der alten Schule. Schön, eitel, gebildet und klug; vergnügt und genusssüchtig für seine Person, aber pessimistisch als Staatsmann und nur auf die Verteidigung des Bestehenden bedacht." So beschrieb ihn der Historiker Golo Mann. Klemens Wenzel von Metternich, geboren am 15. Mai 1773 in Koblenz, bekämpfte nationale und revolutionäre Bewegungen, weil sie gegen die bestehenden Verhältnisse kämpften und meist Krieg bedeuteten. Seine Ziele verfolgte er als Außenminister Österreichs, später als Staatskanzler, auf dem Wiener Kongress und mit den Zensurmaßnahmen der Karlsbader Beschlüsse. Viele seiner Kritiker bezeichneten ihn schon damals als einen Bremser und Verhinderer der Moderne.
Metternich – ein europäischer Friedenspolitiker?
Wolfram Siemann, emeritierter Geschichtsprofessor der Universität München, kommt in seiner aktuellen Biografie zu einer neuen Bewertung der Person Metternichs. Ihm zufolge schnitt Metternich so lange schlecht ab, wie die Nationalstaaten als größte Errungenschaft der Moderne galten. "Wenn ich heute in einem globalen Zusammenhang als Europäer auf die Nationalstaaten schaue, erkenne ich andere Merkmale an Metternich als die vorausgegangenen Generationen", sagt Siemann. "Nämlich seine Analysekraft und sein Wissen um die Explosivität des nationalen Prinzips." Er habe die Perspektive eines europäischen Friedenspolitikers eingenommen. "Es ist vielen nicht hinreichend bewusst, in wie vielen Krisen und Situationen er das Ausbrechen eines europäischen Krieges verhindert hat", betont Siemann.
"Ich arbeite für den Frieden, trotz der Proteste von Dummköpfen"
Sein Widerwillen gegen den Krieg war ein wichtiger Faktor im System Metternich. 1794 hatte die Familie alle Güter verloren, als die Franzosen das Rheinland überrannten und auch Koblenz fiel, die Heimatstadt der Metternichs. "Was heißt es, 20 Jahre Krieg erlebt zu haben mit Hunderttausenden von Toten? Es ist eigentlich den Zeitgenossen nach 1815 vorzuwerfen, dass sie diese Opfer so schnell ignoriert haben", verteidigt der Biograf Siemann Metternichs harten Kurs. Der Staatsmann selbst schrieb während der Friedensverhandlungen mit Napoleon: "Der Krieg ist eine böse Sache, er besudelt alles, sogar unser Denken. Deshalb arbeite ich für den Frieden, trotz der Proteste von Dummköpfen und Narren. Ich möchte einen raschen und guten Frieden."
Metternich will europäische Mächte in friedlicher Balance halten
Nach dem endgültigen Sieg über Napoleon in der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 hatte Metternich nur noch zwei Ziele. Er wollte die europäischen Mächte in friedlicher Balance halten und alle revolutionären Bestrebungen im Keim ersticken. Der Wiener Kongress 1814/15 und die Ermordung des Diplomaten und Dichters August von Kotzebue 1819 boten ihm die Rahmenbedingungen. "Mir ist zuwider, wenn gemordet wird im Namen der Menschenliebe, ich habe keine Vorliebe für Tolle und Irrsinnstaten irgendwelcher Art und noch weniger für solche, die braven Leuten ans Leben gehen ... Der Mord ist eine sehr schlechte Waffe, Blut schreit nach Blut und es ist in seiner Natur, das, was es berührt, zu beschmutzen und nicht zu reinigen. Gott helfe der armen Menschheit!", schreibt er nach der Ermordung Kotzebues an einen seiner Berater. Wenig später beschließt die Ministerkonferenz des Deutschen Bundes die Zensurgesetze der Karlsbader Beschlüsse, die als schlimmster Auswuchs der Restauration gelten.
Stand: 15.05.2013
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